Für eine einzelne Tat dürften nicht eine ganze Bevölkerungsgruppe oder der Islam als Glaubensgemeinschaft in Haftung genommen werden, sagte der Bischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland am Mittwoch in Erfurt. Kramer reagierte auf eine Kirchenschändung in Nordhausen in der vergangenen Woche. Dort hatte ein junger Afghane begonnen, die Frauenbergkirche auszuräumen und dabei ein Kruzifix zerstört.
„Es ist schmerzlich, insbesondere für die Kirchengemeinde vor Ort, wenn auf eine solch respektlose Art und Weise die Würde eines Gotteshauses verletzt wird“, erklärte Kramer. Die freie Religionsausübung sei in Deutschland ein unverrückbares Grundrecht und nicht verhandelbar. Bei aller Wut und allem Unverständnis müsse aber die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Gegenüber Gläubigen, die ihre Überzeugung mit Gewalt durchsetzen wollten, ende jedoch jede Dialogbereitschaft, sagte der Bischof.
Der 25-jährige Muslim wurde von Pfarrer Klemens Müller von seinem Handeln abgehalten. Dieser geht von einer Einzeltat aus. Zur Rede gestellt, sei der Afghane überhaupt nicht aggressiv aufgetreten, habe aber auf seiner Weltsicht beharrt.
Noch am Mittwochabend hatten Mitglieder der afghanischen Gemeinschaft und der Kirchengemeinde ein Zeichen der Versöhnung gesetzt. Etwa 40 Geflüchtete - Frauen, Kinder, Jugendliche und Männer - hätten am Altar Blumen als Zeichen der Entschuldigung abgelegt, teilte der Kirchenkreis Südharz am Donnerstag in Nordhausen mit.
Der Vorsitzende des Nordhäuser Integrationsbeirates, Mohamed Sayed, dankte Pfarrer Klemens Müller und der Gemeinde für die Möglichkeit der Begegnung, auch wenn die Gäste mit der Tat nichts zu tun hätten. "Sie wurden angegriffen, und trotzdem heißen Sie uns willkommen. Ich habe diese Geste der Liebe gefühlt. Sie hat mich beschämt", sagte er.
Gastgeber wie Besucher hätten den Abend als einen guten ersten Schritt aufeinander zu genommen, sagte eine Sprecherin des Kirchenkreises. So habe Ralf Schumann, der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, von seinem Sohn erzählt, der mit einem Afghanen Fußball spiele. "Lassen Sie uns alle gemeinsam Mitglied im Team Deutschland werden. So werden wir zusammen gewinnen", forderte er von den Anwesenden.
Am Ende habe ein freies Gebet gestanden. "Liebe auch die, die dir feindlich gesinnt sind. Wir spüren, wie schwer uns das fällt, wenn es dich selbst betrifft", sagte Pfarrer Müller. Auch weiterhin solle aus der Frauenbergkirche ein Signal der Versöhnung und des Friedens ausgehen.