Das schrieb der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm im Vorwort zu der Grundsatzschrift zum Sozialstaat „Einander-Nächste-Sein in Würde und Solidarität“, die am Freitag in Berlin veröffentlicht wurde.
Am Beispiel von Inklusion und Pflege beschreibt die Schrift die Herausforderungen für die Sozialpolitik und gibt Hinweise, woran sich die Unterstützung von Pflegebedürftigen und Menschen mit einer Behinderung orientieren sollte. Der Sozialstaat müsse dazu beitragen, dass sie sich „anerkannt und dazugehörig fühlen“, so der bayerische Landesbischof weiter.
Mit Blick auf die Löhne in der professionellen Pflege spricht sich die EKD für eine flächendeckende Tarifbindung aus, lässt aber offen, wie diese erwirkt werden soll. Anfang dieses Jahres war das mit der Bundesregierung verabredete Verfahren am Veto der Arbeitgeberseite beim Caritasverband gescheitert. Die Schrift verweist darauf, dass die kirchlichen Gremien unabhängig entscheiden.
Pflegereform unumgänglich
Eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung, wie sie auch die Diakonie Deutschland fordert, halten die Autorinnen und Autoren der Schrift für unumgänglich, um die Pflege langfristig zu finanzieren, dem Personalmangel zu begegnen und die Pflegebedürftigen sowie ihre Angehörigen zu entlasten. Die Unterstützung Pflegebedürftiger sollte so lange wie möglich im Lebensumfeld der Menschen geleistet werden, empfehlen sie. Dabei setzt die Schrift, die von der Kammer der EKD für soziale Ordnung erstellt wurde, auf Angehörige und Ehrenamtliche sowie gemeinnützige und private Pflegeanbieter. Sie warnt zugleich vor Fehlentwicklungen, wenn Investoren Pflegeinrichtungen übernehmen, um Renditen für Anleger zu erzielen.
Die Publikation sieht die Gesellschaft vor großen Herausforderungen stehen. Auf die Alterung der Gesellschaft und die abnehmende unentgeltliche Familien- und Pflegearbeit von Frauen muss die Politik danach ebenso eine Antwort finden wie auf den Effizienzdruck durch eine globalisierte Wirtschaft, soziale Ungleichheit und die ökologischen Herausforderungen.
Die Transformation zu mehr Umwelt- und Klimaschutz könne ungewollte Folgen haben: Weniger Wachstum bedeute weniger Geld für Sozialleistungen, geben die Autorinnen und Autoren zu bedenken. Darauf müssten Antworten gefunden werden, damit nicht die sozial schwächsten Bevölkerungsgruppen und wirtschaftlich weniger entwickelten Länder am stärksten getroffen werden.