Mit dem Abflauen der Corona-Pandemie will das Ulmer Ehrenamtsprojekt „kurz und gut“ richtig durchstarten. Wo vor rund acht Jahren noch Karten gesammelt wurden mit dem Namen und Angebot potenzieller Ehrenamtlicher, gibt es heute eine elektronische Datei. Dort können sich alle Interessierten eintragen, die gern ehrenamtlich tätig würden, aber nur wenig Zeit haben. „Ganz aktuell erhalten sie dann jeweils über E-Mail die jeweils aktuellsten Einsätze in ihrem Stadtteil“, erklärt Larissa Heusohn, die beim Verein „Engagiert in Ulm“ für „kurz und gut“ zuständig ist.
Für das Projekt arbeite der Verein zusammen mit dem Referat Soziales der Stadt und der Digitalen Agenda. Mittel kommen aus dem Finanztopf „Zukunftsstadt 2030“. „Es ist unsere Antwort auf den Wandel ehrenamtlichen Engagements“, erläutert sie. Immer mehr Menschen würden sich zwar gerne ehrenamtlich einbringen, hätten jedoch wenig Zeit zur Verfügung. Bei „kurz und gut“ melden sich alle, die zwischen einem einmaligen Einsatz und etwa drei Monaten aktiv werden wollen.
Wer sich in die Internetdatei einträgt, hat zunächst mal eine Vorstellung, was er oder sie tun möchte. Kuchen backen für Senioren beispielweise. Wenn die Interessierten dann sehen, welche Hilfen in ihrem Stadtteil gebraucht werden, engagieren sie sich manchmal auch auf Feldern, die sie sich vorher gar nicht vorstellen konnten. Flexibilität ist Teil des Konzepts von „kurz und gut“: „Bei uns steht die Identifizierung mit dem jeweiligen Stadtteil im Vordergrund“, erklärt Heusohn.
Fahrer:innen sind besonders gefragt
Da geht es um Spaziergänge mit Menschen mit Demenz, um die Pflege des Schaffnergärtles im Stadtteil Mitte, oder darum, „Digitalmentor“ für ältere Menschen im Stadtteil Eselsberg zu sein. Auch Diakonie und Caritas hatten schon Projekte mit „kurz und gut“-Ehrenamtlichen. Die Ulmer Diakonie hat aber auch eigene Ehrenamts-Programme, erklärt Diakonie-Ehrenamtskoordinatorin Martina Mayer. Sie gelten aber nicht nur für einen Stadtteil, sondern für ganz Ulm und das Umland. So das „Digital life Projekt“, für das sie aktuell „Digitalcoaches“ sucht.
Fahrer:innen für unterschiedlichste Aufgaben sind gefragt, ebenso wie Menschen, die bei Veranstaltungen bei der Bewirtung helfen, oder Interessierte, die andere auf einem Spaziergang begleiten. Der Ulmer Diakonieladen kann auch immer wieder Kurzzeit-Ehrenamtliche brauchen.
Mayer schätzt die Kooperation mit „kurz und gut“. „Die passt zur Entwicklung im Ehrenamt“, sagt sie. Das Ehrenamt habe sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. Ehrenamtliche wollen gute Rahmenbedingungen - und auch Anerkennung. Das musste sich auch in Kirche und Diakonie, trotz deren langer Erfahrung mit dem Ehrenamt, erst mal durchsetzen. Heute sei es selbstverständlich, dass Ehrenamtliche beispielsweise Fahrtkosten ersetzt bekämen, erklärt Mayer.
Ehe es Ehrenamtskoordinatoren wie Mayer gab, kümmerten sich die einzelnen Einrichtungen und Projekte selbst darum, Helferinnen und Helfer zu finden. „Das bindet aber personelle Kapazitäten“, sagt Mayer. Inzwischen sei die Ehrenamtlichenarbeit strukturierter. Einen großen Schub dahin gab es durch die koordinierte Flüchtlingsarbeit der Kirchen ab 2015.
Bedarf herrscht immer, weiß die Expertin der Ulmer Diakonie. Man brauche Menschen, die andere zu Behörden begleiten, einen Einkauf erledigen, oder helfen, Unterlagen zu sortieren. Auch die Diakonie will jetzt ihren Ehrenamtsaktionen wieder mehr Schub geben. Dafür, dass Ehrenamtliche und ihre Aufgaben zusammenpassen, sorgen die Koordinator:innen bei der Diakonie ebenso wie bei „Engagiert in Ulm“.
Bundesweit sind allein in der Diakonie rund 400.000 freiwillige Helfer:innen in verschiedensten Arbeitsbereichen engagiert. „Sie übernehmen so Verantwortung in der Gesellschaft“, sagen die beiden Ehrenamtsexperten beim Diakonischen Werk Württemberg in Stuttgart, Klaus Pertschy und Albrecht Ottmar. Auch bei ihnen gibt es eine Online-Börse für ehrenamtliche Tätigkeiten.