US-amerikanische Gerichte müssen sich seit einiger Zeit häufiger mit Klagen von Impfverweigerern befassen, die den Piks in den Arm aus religiösen Gründen ablehnen. Im Landkreis Montgomery County nördlich der Hauptstadt Washington wehren sich mehr als 900 Beschäftigte aus dem Schuldienst in einer Petition gegen die Impfvorschriften des Schulträgers - unter anderem auch aus strenger Glaubensüberzeugung. Ein Beschäftigter, der Bibelstunden gibt und eine vorgeschriebene Impfung ablehnte, reichte eine Zivilklage ein mit der Begründung, er sei frommer Christ. Nach seiner Auffassung, wolle Gott nicht, dass er sich impfen lasse.
Im Bundesstaat New York klagten 17 Ärzte und Pfleger. Die mehrheitlich katholischen Kläger:innen wollten keine Impfung, weil sie den Einsatz von embryonalen Stammzellen in der Impfstoffforschung ablehnen. Sie beziehen sich auf eine Aussage eines einzelnen katholischen US-Bischofs, der während der Pandemie verschwörungsideologische Inhalte verbreitet hatte.
US-Präsident Biden will, dass sich in Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten Mitarbeiter impfen oder einmal wöchentlich testen lassen müssen. Detaillierte Vorschriften zum Umsetzen der Anweisung liegen noch nicht vor. Für Angestellte der Bundesregierung und Angehörige der Streitkräfte gilt eine Impfpflicht. In Krankenhäusern und Pflegeheimen, die Geld von den staatlichen Versicherungsprogrammen erhalten, müssen sich Mitarbeiter:innen impfen lassen.
Laut einer aktuellen repräsentativen Erhebung der gesundheitspolitischen Stiftung „Kaiser Family Foundation“ waren 72 Prozent der US-amerikanischen Erwachsenen nach eigenen Angaben mindestens einmal geimpft. Doch 12 Prozent sagten, sie ließen sich „definitiv nicht“ impfen.
Impfpflicht hat für Regierung erhoffte Wirkung
Am stärksten verbreitet sei demnach die Totalverweigerung unter weißen evangelikalen Christen (20 Prozent) und bei Anhängern der Republikanischen Partei (23 Prozent). Umfassende Zahlen über „religiöse“ Verweigerer gibt es nicht.
Anscheinend hat die Impfpflicht die von der Regierung erhoffte Wirkung. Im Bundesstaat New York hätten sich in den Tagen vor Inkrafttreten der Impfpflicht Ende September zahlreiche Beschäftigte im Gesundheitswesen impfen lassen, berichtete die „New York Times“. 92 Prozent der Beschäftigten seien gegenwärtig mindestens einmal geimpft. Laut Fernsehsender ABC sind aber landesweit Hunderte Krankenhausmitarbeiter wegen Verweigerung der Impfung entlassen worden.
Weder die großen protestantischen Kirchen noch die römisch-katholische Bischofskonferenz haben sich gegen Impfungen ausgesprochen. Aber der Schutz der Glaubensfreiheit ist in der US-Verfassung sehr breit gefasst. Die für arbeitsrechtliche Fragen zuständige Behörde Equal Employment Opportunity Commission teilte schon im Januar mit, der Oberste Gerichtshof habe klar gemacht, dass religiöse Bedenken geschützt seien, auch wenn sie „für andere nicht nachvollziehbar sind“. Gesetze verpflichten Arbeitgeber zu angemessenen Zugeständnissen an Menschen, die wegen ihres Glaubens Ausnahmen verlangen.
Schlechte Karten für Verweigerer?
Das Oberste US-Gericht nimmt seit Jahren Rücksicht auf Klagen wegen religiöser Diskriminierung. Doch bei der Impfpflicht haben die Verweigerer möglicherweise keine guten Karten. Das Oberste US-Gericht hat Ende September einen Antrag gegen die Impfpflicht für Lehrer in New York abgewiesen. Bereits 1905 urteilten die Richter, der Staat dürfe Impfungen zum Schutz der allgemeinen Gesundheit vorschreiben.
New Yorks Gouverneurin Kathy Hochul nahm in einer Megakirche im New Yorker Stadtteil Brooklyn Bezug auf religiöse Bedenken. Mit dem Impfstoff habe Gott Gebete gegen die Corona Pandemie erhört. Jesus habe Menschen aufgefordert, einander zu lieben, und das bringe man auch mit Impfungen zum Ausdruck.