Seinen Beruf als Diakon und seine Freude an gutem Whisky kann Volker Karl Lindenberg (70) gut verbinden. Gemeinsam mit seiner Frau Regina Donath (58) veranstaltet er seit 2013 in Kirchengemeinden und Freundeskreisen Whisky-Seminare und geht den christlichen Spuren nach. Denn es waren Mönche, die im frühen Mittelalter den Whisky nach Schottland und Irland brachten. Sie nutzten das wertvolle Getränk damals vor allem, um Menschen zu heilen.
Christliche Mönche begannen im 5. Jahrhundert, die Kelten zu missionieren, und brachten damit auch die Kunst der Herstellung von Arzneimitteln nach Schottland und Irland. Besonders hilfreich waren offenbar Tinkturen, in denen sie ihre Heilkräuter in Alkohol lösten. Weil Wein in Schottland und Irland nicht angebaut wurde, brannten sie aus Gerstenmalz ein dem Whisky ähnliches Getränk.
„Wasser des Lebens“ oder „Aqua Vitae“ nannten die Mönche ihre Heilmittel. Im nordischen „Aquavit“ findet sich die lateinische Spur bis heute. Im Schottischen hieß es „Uisge Beatha“, im Irischen „Uisce Beatha“, das mit etwas Fantasie wie „Whisky“ klingt. Das Wort „Whisky“ ist erst für das Jahr 1736 dokumentiert.
Volker Karl Lindenberg beginnt seine Abende mit einem Blick in die biblische Schöpfungsgeschichte und die Offenbarung, die von dem Lebenselement Wasser erzählen. Der fromme Mensch sei „wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen“, heißt es im ersten Psalm.
Dass ihm das heilende Getränk der alten Mönche mit den Essenzen und Kräutermischungen schmecken würde, glaubt der mittlerweile pensionierte Diakon nicht. Es hatte nur etwa 25 Prozent Alkohol, heute sind mindestens 40 Prozent amtlich vorgeschrieben. Es wurde damals auch nicht gelagert. Erst im 18. Jahrhundert entdeckte man, dass die Lagerung in Holzfässern den Geschmack erheblich verbessert.
Reformation brachte Produktionsschub
Die Mönche verfeinerten ihr Getränk im Laufe der Jahrhunderte. Sie beherbergten in ihren Klöstern ja auch ihre Gönner, die sie verwöhnen mussten. Weil die Klöster eher mittelständischen Betrieben glichen und an belebten Orten Unterkunft boten, verbreitete sich der Whisky immer mehr.
Einen Schub für die Whisky-Produktion gab es offenbar nach der Reformation, als viele Klöster in Irland und Schottland geplündert und abgebrannt wurden. Mönche, die sich auf die Kunst der Whisky-Brennerei verstanden, kamen bei reichen Grundbesitzern unter und konnten dort ihre Kenntnisse unter Beweis stellen.
Wie eine "Komposition" oder "flüssige Predigt"
Lindenberg, langjähriger Leiter der evangelischen Männerarbeit in Kiel, und seine Frau sind beide Mitglied im Kieler Whisky-Kreis, der in der Nähe der Förde einen eigenen Whisky im Fass reifen lässt. Heute leben sie in Kirchbarkau im Kreis Plön. In ihren Whisky-Seminaren geht es um mehr als um historische Infos. „Das Verkosten von Whisky hat etwas Meditatives“, sagt Lindenberg. Wer ihn nur runterkippe, verpasse das Beste.
„Es fängt mit dem Riechen an“, erläutert Regina Donath. Bei geöffnetem Mund rieche er anders als bei geschlossenem. „Die Achtsamkeit ist wichtig.“ In der Regel stehen bei einer Verkostung fünf ausgewählte Sorten bereit. Die Herstellung von gutem Whisky sei eine „hohe Kunst“, sagt Lindenberg. „Es ist wie eine Komposition.“ Ein Gast habe einmal gesagt, es sei „eine flüssige Predigt“ gewesen. Nach der Verkostung werden die halb ausgetrunkenen Flaschen zugunsten des evangelischen Hilfswerkes „Brot für die Welt“ versteigert.