"Es ist und bleibt falsch, Menschen ertrinken zu lassen - egal aus welchem Grund und mit welcher Perspektive sie sich nach Europa aufgemacht haben", sagte Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen und stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Bielefeld. Noch immer blieben die Bitten von Organisationen, Kirchen, Gewerkschaften und Hilfswerken ungehört, die staatliche Seenotrettung wieder aufzunehmen", kritisierte Kurschus in einer Videobotschaft zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni. Sie rief zu sichtbaren Zeichen der Menschlichkeit auf: So sei auch für die Menschen in den überfüllten Lagern an den EU-Außengrenzen Hilfe möglich.
Nach wie vor stünden zahlreiche Kommunen und Städte in Deutschland und Europa bereit, um aus Seenot gerettete Menschen direkt aufzunehmen. Sie dürften jedoch nicht helfen, kritisierte die Theologin. "Ich fürchte, da stehen nicht die Grenzen unserer Möglichkeiten im Weg, sondern die Grenzen unseres Mitgefühls und unserer Barmherzigkeit", sagte die Präses.
Land soll Aufnahmeprogramm starten
In Deutschland sei die Zahl der Asylanträge so niedrig wie lange nicht, sagte Kurschus. Dennoch klinge es mitunter so, "als dränge alle Welt nach Europa und nach Deutschland". "Wir können viel mehr Menschen eine Chance auf ein menschenwürdiges Leben geben, eine Chance auf eine sichere Bleibe", sagte Kurschus.
Auch die Freie Wohlfahrtspflege NRW mahnte die Aufnahme von Menschen aus griechischen Flüchtlingslagern an. Sie lebten dort seit Jahren in provisorischen Behausungen unter prekären hygienischen Verhältnissen, sagte der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Freie Wohlfahrtspflege NRW, Frank Johannes Hensel. "Das ist menschenverachtend." Hensel kritisierte, dass das Aufnahmeprogramm der Bundesregierung am 22. April beendet wurde. In diesem Zusammenhang brauche Nordrhein-Westfalen jetzt dringend ein eigenes Aufnahmeprogramm.
2001 hatten die Vereinten Nationen erstmals den Weltflüchtlingstag ausgerufen. Heute seien mehr als 80 Millionen Menschen auf der Flucht, die meisten von ihnen im eigenen Land oder in den direkten Nachbarländern, erklärte die Evangelische Kirche von Westfalen.