Im Jahr 2020 seien in Deutschland rund 102.000 Erstanträge auf Asyl gestellt worden. Das sei gerade einmal die Hälfte dessen, was im Koalitionsvertrag als "Obergrenze" festgehalten worden sei, sagte Bedford-Strohm am Samstag beim 3. Ökumenischen Kirchentag. Wenn man sich diese Entwicklung klar mache, sei das andauernde Feilschen um die Frage, wo die Menschen hingehen könnten, "unwürdig", sagte er.
Bedford-Strohm bedauerte, dass während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 keine Einigung innerhalb der EU auf ein faires Verteilsystem für Schutzsuchende gelungen sei. Zudem kritisierte er, dass Städte und Kommunen, die freiwillig mehr Asylsuchende aufnehmen wollen, von der Bundesregierung nicht gelassen werden. "Das kann nicht so bleiben", sagte Bedford-Strohm. Das Bundesinnenministerium hatte immer wieder darauf hingewiesen, dass der Bund die Entscheidungskompetenz in dieser Frage hat.
Bedford-Strohm erinnert an Rettungs-Resolution
Bedford-Strohm erinnerte im Gespräch mit der Sea-Watch-Sprecherin Mattea Weihe an den evangelischen Kirchentag 2019 in Dortmund, bei dem eine Resolution für ein eigenes Rettungsschiff im Mittelmeer verbschiedet wurde. "Es war der Kirchentag, der den klaren Impuls gegeben hat", sagte Bedford-Strohm, der sich hinter die Forderung der Basisbewegung stellte.
In der Folge wurde ein Bündnis gegründet, das heute Träger des aus Spenden finanzierten Rettungsschiffes "Sea-Watch 4" ist. Nach einem ersten Rettungseinsatz im vergangenen Jahr wurde das Schiff in Italien festgesetzt, nach einem Prozess wieder freigegeben. Wie Weihe berichtete, ist der alte Festsetzungsbeschluss durch einen erfolgreichen Einspruch der italienischen Küstenwache inzwischen wieder wirksam. Dieses Urteil werde aktuell noch analysiert. "Wir prüfen Wege und Mittel, wie wir weitermachen können", sagte sie.
Der 3. Ökumenische Kirchentag in Frankfurt am Main findet noch bis Sonntag unter dem Leitwort "schaut hin" überwiegend digital statt.