Zuletzt sei 1985 eine ähnlich hohe Wahlbeteiligung mit fast 23 Prozent zu verzeichnen gewesen. In 1059 evangelischen Gemeinden in Südhessen und Rheinland-Pfalz war am Sonntag über die Zusammensetzung der ehrenamtlichen Leitungsgremien für die nächsten sechs Jahre entschieden worden. Zur Wahl aufgerufen waren 1,2 Millionen evangelische Kirchenmitglieder ab 14 Jahren. Rund 10.000 Kandidierende hatten sich zur Wahl gestellt.
Nach Auszählung der Hälfte aller Stimmen ist die Kirchengemeinde Wirberg (Landkreis Gießen) Spitzenreiter bei der Wahlbeteiligung. In der rund 700 Mitglieder zählenden Gemeinde bei Grünberg gingen nach Angaben der EKHN fast 85 Prozent aller Evangelischen zur Wahl. Es folgt die Gemeinde Langenscheid und Geilnau im rheinland-pfälzischen Rhein-Lahn-Kreis mit 67 Prozent Wahlbeteiligung. Der Taunus-Ort Ketternschwalbach im Rheingau-Taunus-Kreis konnte eine Beteiligung von 65 Prozent verbuchen.
Meist reine Briefwahl
Angesichts der Corona-Pandemie hatten sich in diesem Jahr 642 Kirchengemeinden mit über 700.000 Wahlberechtigten für eine reine Briefwahl entscheiden. Dies trug ersten Erkenntnissen zufolge entscheidend zur guten Wahlbeteiligung bei. 287 Kirchengemeinden führten eine Wahl in klassischen Wahllokalen unter besonderen Hygienestandards durch, für die knapp 340.000 Menschen wahlberechtigt waren. 129 Kirchengemeinden mit zusammen über 220.000 Wahlberechtigten boten erstmals eine Online-Wahl an.
Bei der Übermittlung der Online-Voten war es anfangs zu Problemen gekommen, wie die EKHN berichtete. Die Daten aus den Gemeinden gingen zwar im Rechenzentrum ein, konnten dort aber zunächst nicht in das Wahlprogramm eingespeist werden. Seit dem Morgen laufe das System wieder rund, die Gemeinden und Kandidierenden könnten ihre Online-Ergebnisse nun einsehen. Da im September noch Nachwahlen in mehr als einem Dutzend Gemeinden anstehen, werde mit einem offiziellen Wahlergebnis erst im Herbst gerechnet.
Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung dankte allen Kirchengemeinden und den Kandidierenden für ihre Bereitschaft, "in einer durch die Pandemie bestimmten Zeit mit Ihrem Engagement bewusst Verantwortung vor Ort zu übernehmen". Der Präses der Kirchensynode, Ulrich Oelschläger, ergänzte: "Evangelische Kirche lebt davon, dass Menschen ihren Sachverstand, ihre Persönlichkeit und ihren Glauben einbringen."
Die Kirchenvorstände in der EKHN werden jeweils für einen Zeitraum von sechs Jahren in "gleicher, freier, allgemeiner, geheimer und unmittelbarer Wahl" bestimmt. Sie haben je nach Gemeindegröße zwischen vier und 21 Mitglieder. Der Kirchenvorstand entscheidet etwa über die neue Pfarrerin oder den neuen Pfarrer, über Sanierungen und die Ausrichtung einer kirchlichen Kindertagesstätte, verwaltet das kirchliche Vermögen und trägt Mitverantwortung für die Seelsorge und die Gottesdienstgestaltung. Die neue Amtsperiode beginnt am 1. September.