Reinhard Marx und die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann
©epd-bild / Hanno Gutmann
Der Münchner katholische Erzbischof Reinhard Marx und die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann bei einer Podiumsdiskussion auf dem Katholikentag in Osnabrück 2008.
Evangelische Stimmen zu Marx' Rücktrittsgesuch
Nach dem Rücktrittsgesuch von Kardinal Reinhard Marx hält die evangelische Theologin Margot Käßmann Reformen in der katholischen Kirche für dringend nötig. "Sie muss - wie die evangelische auch - Schuld bekennen gegenüber den Opfern von Missbrauch". Auch der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm äußert sich zur Entscheidung des Kardinals.

Die ehemalige hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann schreibt in ihrer Kolumne in der "Bild am Sonntag", dass die katholische Kirche jedoch nicht "an einem toten Punkt" angekommen sei, wie Marx es formuliert hatte. "Es zeigt sich doch auch Aufbruch in der katholischen Kirche! Frauen verlangen Zugang zu allen Ämtern. Priester segnen homosexuelle Paare. Gemeinden hissen Regenbogenfahnen."

 

Sie habe großen Respekt vor Marx, der anders als der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki persönlich Verantwortung für den Missbrauchs-Skandal in der katholischen Kirche übernehme, so Käßmann. Zugleich habe sie eine große Sympathie "für all die wackeren Katholikinnen und Katholiken, die Gottesdienste feiern, Senioren besuchen, in Konflikten Seelsorge anbieten, Flüchtlinge betreuen". Sie seien eben nicht an einem toten Punkt.

Käßmann erinnert an Bedeutung der Kirchen

Es gebe berechtigte Kritik an den Kirchen, schrieb Käßmann. Dennoch brauche die Gesellschaft die Kirchen. "Das Leben ist mehr als das, was wir konsumieren. Es gibt eine spirituelle Dimension, die wir in Synagogen, Kirchen, Moscheen feiern", betonte sie. "Da existiert ein Mehrwert an Glauben, Tradition und Gemeinschaft, der sich nicht kaufen lässt."

"Die beiden "Vorbilder ökumenischer Verständigung", so Laudator Ex-Bundespräsident Joachim Gauck, sind "über konfessionelle Unterschiede hinweg miteinander verbunden". Der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm (re.), und der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx (li.) am 10.10.2020 bei der Verleihung des Augsburger Friedenspreises.

Auch der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hat sich zur Entscheidung von Kardinal Marx geäußert. Er habe das Rücktrittsgesuch mit "großem Respekt, aber auch großem Bedauern" aufgenommen. Sollte der Papst das Angebot annehmen, würde die "starke Stimme" von Bischof Marx in seinem jetzigen Amt fehlen, sagte Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist, auf Anfrage des epd.

Bedford-Strohm: Marx zeigt beispielgebende Gradlinigkeit

Das Rücktrittsangebot zeige erneut die beispielgebende Gradlinigkeit und Konsequenz, mit der Marx die Erneuerung seiner Kirche betreibt, sagte Bedford-Strohm. Marx begründete seinen unerwarteten Schritt mit dem Versagen seiner Kirche bei der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle. 

Bedford-Strohm verwies auch auf den großen Beitrag seines katholischen Amtsbruders Marx für die Ökumene zwischen den beiden Kirchen. "Bis der Papst entschieden hat, werden wir weiter ökumenisch eng zusammenarbeiten. Ich bin überzeugt davon, dass die Ökumene weiter wachsen wird, egal was danach kommt," sagte der evangelische Theologe, der mit Kardinal Marx freundschaftlich verbunden ist.