In der Evangelischen Kirche von Westfalen sollen Pfarrerinnen und Pfarrer künftig in Teams mit Angehörigen anderer kirchlicher Berufe zusammenarbeiten. Ziel der „interprofessionellen Pastoralteams“ ist nach einem am Mittwoch zum Abschluss der westfälischen Landessynode beschlossenen Konzept, die Theologen von ihrer Aufgabenfülle zu entlasten - durch zahlreiche Pensionierungen wird die Zahl der Gemeindepfarrer in den kommenden Jahren drastisch sinken. Die Synode verständigte sich zudem auf einen zeitgemäßen Missionsbegriff und nahm Stellung zu politischen Themen wie Antisemitismus und Flüchtlinge.
Die Teams, in denen Mitarbeitende aus Bereichen wie Gemeindepädagogik, Kirchenmusik, Jugendarbeit oder Verwaltung zusammenarbeiten, seien mehr als eine Notlösung angesichts enger werdender Verhältnisse, sagte die leitende Theologin der Landeskirche, Präses Annette Kurschus. Es gehe auch um „einen echten Zuwachs an Ausstrahlungskraft, an Kompetenz im pastoralen Bereich“. Davon verspreche sie sich, „dass wir in der immer komplexer werdenden Situation in unserer Gesellschaft angesichts der immer komplexer werdenden Fragen, die die Gesellschaft an Kirche hat, schlicht besser aufgestellt sind“.
Personaldezernentin Katrin Göckenjan-Wessel setzt auf einen positiven Effekt in Gemeinden und Quartieren. „Es ist attraktiv, wenn Menschen gerne zusammenarbeiten“, sagte sie. Aktuell gebe es 17 Pilotprojekte, 15 weitere Kirchengemeinden hätten das Modell bereits in Eigeninitiative übernommen. Mit dem Beschluss wird das Modell landeskirchenweit eingeführt. Die Zahl der Pfarrerinnen und Pfarrer im Gemeindedienst wird bis 2035 von jetzt 790 auf 330 sinken. Auf eine Pfarrstelle werden dann bis zu 5.000 Gemeindeglieder kommen, 2.000 mehr als zehn Jahre zuvor.
Kirche versteht Mission als interkulturellen Auftrag
Mission schließt der beschlossenen Erklärung zufolge Partizipation und interkulturelle Vielfalt ein. Es gehe darum, „die Vielfalt und Religionsfreiheit zu bejahen und zugleich das eigene evangelische Profil einzubringen“. Mit dem Papier „Einladend - inspirierend - evangelisch“ werde der Grundstein gelegt zu einem Missionsverständnis „einer einladenden, inspirierenden evangelischen Kirche, in der interkulturelle Weite sichtbar wird in all ihrer Vielfalt“, erklärte Oberkirchenrat Ulrich Möller.
Präses Kurschus sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), Mission sei in der Geschichte oft mit Hierarchien und Machtgefälle verbunden gewesen. Dennoch wolle die Kirche zum „Grundverständnis dieses schönen Begriffs“ zurückfinden, dass Christen als Gesandte im Auftrag Jesu Christi die Botschaft von der Liebe Gottes in die Welt tragen.
EU-Flüchtlingspolitik kritisiert
Scharfe Kritik äußerte das Kirchenparlament an der EU-Flüchtlingspolitik, die „Grenzschließung, Rückführung und Abschreckung von Schutzsuchenden“ priorisiere. Die Synode forderte ein „faires gemeinsames europäisches Asylsystem“ mit gleichen Standards und menschenwürdiger Unterbringung. Auch die Unterbringung von Asylsuchenden in Einrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen verletze in ihrer aktuellen Ausgestaltung die Rechte von Schutzsuchenden, hieß es.
Die antisemitischen Ausschreitungen der vergangenen Wochen kritisiert die westfälische Kirche als Angriff auf das demokratische Gemeinwesen und eine Bedrohung für alle. Die Kirche finde sich nicht damit ab, dass Synagogen und jüdische Einrichtungen in Deutschland geschützt werden müssten und sich Juden „mit religiösen Symbolen und Zeichen nicht in die Öffentlichkeit trauen“.
Die Synode ist das oberste Orrgan der viertgrößten deutschen Landeskirche mit rund 2,1 Millionen Mitgliedern. Wegen der Corona-Pandemie wurde zum zweiten Mal in Folge per Videokonferenz getagt. Erstmals gibt es in diesem Jahr zwei reguläre westfälische Landessynoden. Das nächste Treffen im November soll wieder als Präsenz-Tagung in Bielefeld-Bethel stattfinden. Dann wird auch der Haushalt verabschiedet.