Instagram-Serie @ichbinsophiescholl
© Rebecca Rütten/SWR/BR
Sophie Scholl (Luna Wedler) macht in der Instagram-Serie @ichbinsophiescholl von SWR und BR ein Selbstportrait am Bahnsteig.
Sophie Scholls Widerstand auf Instagram verfolgen
An diesem Sonntag (9. Mai) wäre Sophie Scholl 100 Jahre alt geworden. Doch die Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime wurde im Februar 1932 im Alter von 21 Jahren hingerichtet. Auf Instagram lassen SWR und BR Nutzer in Scholls Leben eintauchen. Die evangelische Kirche erinnert mit Gottesdiensten an sie.

Sie sei schockiert gewesen, sagt Südwestrundfunk-Redakteurin Susanne Gebhardt, dass viele junge Menschen vom Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Deutschland keine Ahnung haben. Dass ihnen der Name Sophie Scholl beispielsweise nichts sage. Vor 100 Jahren, am 9. Mai 1921, wurde Sophie Scholl in Forchtenberg (heute Hohenlohekreis) im Rathaus geboren. Am 22. Februar 1943 starb die Studentin gemeinsam mit ihrem Bruder Hans und dem Mitstudenten Christoph Probst in München unter dem Fallbeil. Bei einer heimlichen Flugblattaktion im Lichthof der Münchner Universität am 18. Februar 1943 waren die Mitglieder der Gruppe „Weiße Rose“ vom Hausmeister verraten und der Geheimpolizei ausgeliefert worden.

Mit dem Instagram-Projekt „@ichbinsophiescholl“ wollen der Südwestrundfunk (SWR) und der Bayerische Rundfunk (BR) dafür sorgen, dass dieser Widerstand nicht in Vergessenheit gerät, betonte Gebhardt, die Leiterin Geschichte und Zeitgeschehen beim SWR ist, am Donnerstag. Die Idee, dafür Instagram als neues Medium zu nutzen, stammt von ihr. Die Schauspielerin Luna Wedler schlüpft in die Rolle der Sophie und postet für zehn Monate - nämlich seit 4. Mai und bis 18. Februar 2022 – täglich Texte, Filmsequenzen und Bilder.

Hans Scholl (Max Hubacher), Sophie Scholl (Luna Wedler) und Alexander Schmorell (David Hugo Schmitz) besprechen die Flugblattproduktion im Atelier in einer Szene aus der Instagram-Serie @ichbinsophiescholl.

Sophie wird in den Kommentaren geliebt

Wedler sagt, es sei für sie „die größte Ehre, Sophie Scholl spielen zu dürfen“. Sie ist 21, im Alter von Sophie. Sie hat sich durch deren Tagebuchaufzeichnungen gelesen, ihre Bilder angesehen und Dokumente wie die Briefe an ihren Verlobten Fritz Hartnagel gelesen. „Sie haben mir ermöglicht, dass ich in ihren Kopf gucken konnte. Sie war nicht nur im Widerstand, sondern auch eine junge Frau mit vielen Facetten und Widersprüchen - dieses Kämpfen ist sehr berührend, besonders wenn man weiß, wie es ausgeht“, sagt Luna Wedler.

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Schon am dritten Tag hat der Instagram-Auftritt 420.000 Follower. Das Projektteam sei „überglücklich“ über den starken Start, sagt Annette Gilcher vom SWR. Das Ziel, Sophie Scholl in die Gegenwart zu holen, gelinge. Lydia Leipert, die für den BR im Redaktionsteam des Projekts ist, zeigt sich überwältigt, „wie Sophie geliebt wird in den Kommentaren“. Das Medium Instagram ermögliche einen Dialog mit den Followern. Die positive Resonanz dort mache sie „total glücklich“, sagt Leipert.

Ulrich Herrmann vom SWR, der Dritte im Redaktionsteam des Projekts, berichtet, dass sich alle Beteiligten anfangs fragten: „Darf man das?“ - nämlich die Geschichte einer realen Person in dieser Form nachträglich aufbereiten. Jetzt zeige sich, dass aufgrund der vielen Quellen, von denen einen großen Teil Sophie Scholl selbst in ihren Zeichnungen, Tagebucheinträgen und Briefen hinterlassen hatte, gelungen sei, „einen Charakter zu erzählen“. Er sei der festen Überzeugung, dass „Widerstand eine Frage des Charakters“ sei, sagt Herrmann. Dies komme im Instagram-Format offensichtlich an und „scheint einen Kern zu treffen in diesen Zeiten“.

Gedenkgottesdienste mit Zeitzeugen

Mit Gottesdiensten in Dachau und München an diesem Sonntag (9. Mai) will die evangelische Kirche an die NS-Widerstandskämpferin Sophie Scholl erinnern. In der Dachauer Versöhnungskirche wird der Gedenkgottesdienst ab 11 Uhr zum 100. Geburtstag Scholls fast ausschließlich von jungen Frauen gestaltet. Schülerinnen des Münchner Sophie-Scholl-Gymnasiums und Studentinnen werden aus Briefen von Sophie Scholl an ihre Freunde lesen und ihre Lieblingsmusik aufführen, teilte Björn Mensing, Pfarrer der Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte, mit.

In der Münchner Sophie Scholl-Kirchengemeinde wird ab 10 Uhr an die prominente Namensgeberin erinnert. „Von ihrem christlichen Glauben her konnte Sophie Scholl es nicht anders denken“, würdigte der Münchner evangelische Regionalbischof Christian Kopp das Werk und den Glauben der Widerstandskämpferin: Zur Gottesliebe gehöre die Nächstenliebe genauso dazu wie die Liebe zu sich selbst. Man müsse „einen harten Geist haben und ein weiches Herz“, es brauche ein „entschlossenes Handeln aus einer sehr zugewandten, liebevollen Haltung heraus“, erläuterte der Theologe.

Als Ehrengäste haben laut Mensing Enkelsöhne der Weiße-Rose-Mitglieder Christoph Probst und Kurt Huber ihr Kommen zugesagt, ebenso die Zeitzeugin Eva Hönigschmid (101), die als Studentin mit Alexander Schmorell und Christoph Probst befreundet war.