Da staunte der Flohmarktbesucher bei einem Baumarkt in Bornheim bei Landau nicht schlecht, als er unter dem zum Verkauf angebotenen Krimskrams auch zwei alte Kirchenbücher aus dem 19. Jahrhundert entdeckte. "Der Mann hätte sie für uns gekauft, wenn er genügend Geld dabei gehabt hätte", erzählt die Archivarin Christine Lauer vom Zentralarchiv der pfälzischen Landeskirche in Speyer.
Nun forscht Lauer nach den Kirchenbüchern, die Ende des Zweiten Weltkriegs im protestantischen Pfarramt Kandel wohl durch Plünderung verloren gingen. Der Verkäufer oder mögliche Käufer sollten sich beim Zentralarchiv melden und diese zurückgeben, appelliert die stellvertretende Leiterin. Schließlich seien die Archivalien kirchlicher Besitz und sollten der Allgemeinheit in einem öffentlichen Archiv zugänglich sein.
Straftat ist vielen nicht bewusst
Den verlorenen Kirchenbüchern aus Kandel sind Lauer und ihre Archivkolleginnen bisher noch nicht auf die Spur gekommen. "Es kommt immer wieder vor, dass Kirchenbücher und andere kirchliche Archivalien auf Flohmärkten, in Auktionshäusern oder im Internet, etwa auf Ebay, zum Verkauf angeboten werden", berichtet sie.
Oftmals seien sich die Anbieter nicht bewusst, dass sie mit dem Verkauf kirchlichen Eigentums eine Straftat begingen. "Wenn uns solche Fälle bekanntwerden, sind wir nach dem landeskirchlichen Archivgesetz dazu verpflichtet, diesen nachzugehen", sagt Lauer. Auf Hinweise aus der Bevölkerung sei man angewiesen. Fünf Mal pochte das Zentralarchiv in den vergangenen zehn Jahren erfolgreich auf eine Rückgabe. Es besitzt rund 6500 Kirchenbücher aus den Pfalz und Saarpfalz. Fast der ganze Bestand ist digitalisiert und rund die Hälfe davon ist über das kirchliche Internetportal "Archion" gegen Gebühr nutzbar.
Einmalige Dokumente
Fast immer seien die zum Verkauf angebotenen Archivalien den Kirchengemeinden unrechtmäßig entwendet worden, erzählt Lauer. Bis vor einigen Jahrzehnten sei es üblich in Kirchengemeinden gewesen, Familienforschern oder Ortshistorikern Kirchenbücher auszuleihen. Manche Exemplare hätten jedoch ihren Weg nicht mehr zurück gefunden. Andere seien samt "Pfarrhaus mit Inhalt" verkauft worden, wenn eine Pfarrei aufgelöst wurde. Die Kriegsverluste von Kirchengut seien zudem in der Pfalz generell groß.
Der Wert illegal angebotenen kirchlichen Archivguts lasse sich kaum finanziell bewerten, sagt Lauer. Schmerzhaft sei der Verlust der einmaligen Dokumente für Familienforscher und vor allem für die Kirchengemeinden selbst. "Ihnen kommt ein Stück ihrer Geschichte abhanden", sagt die Archivarin. Manchmal werden auch wertvolle Stücke wieder entdeckt, wie ein Kollektenpatent von 1791 für den Kirchenbau der Gemeinde Knöringen im Landkreis Südliche Weinstraße. Die Urkunde aus Pergament entdeckte der frühere Landauer Pfarrer Friedhelm Hans im Angebot eines Pforzheimer Auktionshauses.
Meist geht die Rückgabe von kirchlichen Archivalien problemlos über die Bühne, erzählt Lauer. Auf gütlichem Wege sei 2018 auch ein Verzeichnis der Kirchenstühle der protestantischen Dreifaltigkeitskirche in Speyer von 1819 bis 1850 in kirchlichen Besitz zurückgekehrt. Das Dokument, das die Käufer von Sitzplätzen in der mehr als 300 Jahre alten Barockkirche aufführt, sei von einem Auktionshaus in Mutterstadt bei Ludwigshafen angeboten worden. Als das Zentralarchiv dort seinen Anspruch anmeldete, sei es sofort zurückgegeben worden. Der Auktionator fuhr übrigens gut damit, weiß Lauer: "Dafür gab es eine Spendenbescheinigung."