"Wir müssen aber raus aus dem appellativen Reden darüber, was man tun sollte oder müsste", sagte Latzel bei einer Online-Veranstaltung der Evangelischen Akademie im Rheinland in Bonn und der Melanchthon-Akademie Köln. Der dringend notwendige ökosoziale Wandel könne nicht durch moralische Appelle erreicht werden. Deren Wirkung auf das individuelle Verhalten sei begrenzt.
"Wir brauchen angesichts des Klimawandels eine Hoffnungsbotschaft", betonte der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland. "Was wir als Kirche zu der Frage einer gesellschaftlichen Veränderung beitragen können, ist, dass wir Gott in Spiel bringen, dass wir von unserem Glauben sprechen, von dem, was uns im Leben wichtig ist."
Zu strikte Vorschriften oft kontraproduktiv
Es gehe um ein neues Selbstverständnis und eine veränderte, wertschätzende Beziehung zur Natur. Allerdings könne diese Veränderung nur durch eine gute Botschaft gelingen, die etwas Befreiendes habe, sagte der Präses. "Restriktionen, das wissen wir aus anderen Bereichen, führen nicht sonderlich weit."
Leitlinien würden zwar gebraucht, sagte Latzel. Vorschriften wie etwa, auf kirchlichen Veranstaltungen auf Fleischgerichte zu verzichten, lehnte der Präses jedoch ab. Normen würden nicht helfen und zu Gegenreaktionen führen. Auch Jesus habe Menschen nicht durch Anordnungen dazu bewegt, sich anders auszurichten, sondern vielmehr, indem er sie freigesetzt habe.
Gebraucht werde eine transformative Spiritualität, die den Menschen frei mache, sein Leben zu verändern, erläuterte der Theologe. Es brauche dafür Unterbrechungen des Alltags, um Gottes Geist im Leben Raum zu geben. "Dazu gehört, vor Gott stille zu sein und mich darauf zu besinnen, was ich im Angesicht der Ewigkeit mit meinem Tag und mit mir selbst anfange und die Begegnung mit Gott zuzulassen."
Thorsten Latzel wurde im Januar 2021 zum neuen Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland gewählt. Der evangelische Theologe ist seit dem 20 März im Amt.