Bunte Ostereier in einem Korb
© epd-bild/Matthias Schumann
Traditionell verzierte sorbische Ostereier beim 18. Sorbischen Ostereiermarkt im nordsächsischen Schleife. Die sorbischen Ostereier werden traditionell in vier verschiedenen Techniken verziert. Mit Wachsreserve-, Kratz-, Ätz- oder Bossi?ertechnik und einer harmonischen Farbenvielfalt entstehen so die unverwechselbaren Muster.
Vom Steinzeit-Design zum filigranen Oster-Kunstwerk
Das Verzieren und Färben von Eiern ist eine uralte Kulturtechnik
Das Ei fasziniert Menschen seit vielen tausend Jahren. Schon lange vor Christi Geburt wurden Eierschalen gefärbt und mit eingeritzten Mustern verziert. Heute kommt für die Ostereier-Deko auch schon mal der Zahnarzt-Bohrer zum Einsatz.

Naturfarben und schlichte geometrische Gittermuster: Schon vor 60.000 Jahren gefiel den Menschen, was heute als minimalistisches Öko-Design durchgehen könnte. So alt sind die blauen, roten und orangefarbenen Eierschalen, die der Archäologe Brian Stewart mit seinem Team im nordwestlichen Südafrika ausgrub. Überreste steinzeitlicher Osternester? Natürlich nicht. "Sie wurden als Wasserbehälter verwendet", erklärt der Wissenschaftler von der Universität Cambridge. Und irgendwann seien die Menschen auf die Idee gekommen, die rund 15 Zentimeter hohen Eier zu verzieren.

Das Ei reizte die Menschen offenbar schon immer, sich künstlerisch auszuleben. Verzierte Eier wurden zum Beispiel im alten Ägypten und in der Antike als Grabbeigaben verwendet und mögen bereits als Zeichen des Lebens gegolten haben. Im Christentum wurde aus dem Ei schließlich das Symbol der Auferstehung.

Christliches "Ur-Osterei" war rot

Das "Ur-Osterei" der Christen im frühen Mittelalter sei schlichtweg rot gewesen, erklärt der Theologe Manfred Becker-Huberti. "Das rot gefärbte Ei ist ein Bild für den auferstandenen Christus. Es ist kalt und hart wie das Grab. Aber die Farbe Rot zeigt, dass es trotzdem Leben enthält."

Doch warum blieb es nicht bei der einfachen Rotfärbung? Das liege einfach in der Natur des Menschen, meint der Experte für religiöses Brauchtum. "Als die Leute begannen, Osterkörbchen mit Eiern in die Kirche mitzubringen, um sie segnen zu lassen, musste man dem Nachbarn zeigen: Wir sind besser." Mit der Zeit hätten sich immer differenziertere Verzierungen und spezielle regionale Eigenheiten entwickelt.

Vor Ostern färben viele Familien Eier. Sie kommen zum Fest in die Nester.

Blumen in Ungarn, Strohhalme in Tschechien

Häufig würden Ostereier mit traditionellen Mustern verziert, die sich auch in den Stoffen der regionalen Trachten finden, weiß Ulrike Müller. Die Leiterin des nach eigenen Angaben ersten deutschen Ostereimuseums in Sonnenbühl auf der Schwäbischen Alb wacht über rund 5.000 Exemplare - vom kleinen Wachtelei über Hühner- und Gänseeier bis hin zu großen Emu- und Straußeneiern. "Vor allem in Osteuropa ist die Tradition tief verwurzelt", sagt Müller.

In Ungarn etwa würden die Eier vorzugsweise mit großflächigen, floralen Mustern bemalt. Eine tschechische Spezialität seien Verzierungen aus glatt gebügelten Strohhalmen. Und eine besonders filigrane Technik in verschiedenen osteuropäischen Ländern sei es, kleine Perlen auf das Ei zu kleben.

Muster haben symbolische Bedeutung

Als deutsche Hochburg der Ostereierkunst gilt der Spreewald. Dort würden die Eier heute noch wie schon im 17. Jahrhundert mit aufwendigen Mustern nach sorbischer Tradition verziert, erklärt Kathrin Schwella, stellvertretende Leiterin des Heimatmuseums Dissen. Begonnen habe das mit dem Brauch, Patenkindern zu Ostern drei Eier zu schenken. "Dann fing man an, diese Eier immer aufwendiger zu gestalten."

Die Muster hätten symbolische Bedeutung. Da seien etwa die "Wolfszähne" - kleine Dreiecke. Sie sollten vor Bösem schützen und Kraft geben, weiß Schwella. Strahlenförmige Verzierungen stünden für die Sonne, das Licht und Wachstum. Kleine Kiefernzweige sollten Gesundheit wünschen, drei Punkte symbolisierten die Dreifaltigkeit und die Bienenwabe aus sechs Dreiecken den Fleiß.

Die Gestaltungstechniken würden von Generation zu Generation weitergegeben, sagt Kunsthandwerkerin Heidrun Peters, die ihre traditionell verzierten Ostereier unter anderem im Heimatmuseum Dissen verkauft. "Ich selbst habe schon als Kind damit angefangen." Als junge Frau habe sie dann in Cottbus bei einer Sorbin Unterricht genommen. "Jetzt gebe ich das an meine Enkel weiter."

Technik reicht von Bossieren bis Batiken

Das filigrane Kunsthandwerk braucht Geduld: Die Motive werden mit einer selbst zurechtgeschnittenen Vogelfeder auf die Eier getupft. Es gibt verschiedene Techniken: Bei der Bossiertechnik werden winzige Ornamente mit buntem, flüssigen Wachs auf die Eier gemalt. Aufwendiger ist die mehrfarbige Wachstechnik, die nach dem Batik-Prinzip funktioniert. Besonders zeitintensiv sei die Kratztechnik, sagt Heidrun Peters. Um die feinen Muster mit einem spitzen Messer in ein gefärbtes Ei zu ritzen, brauche sie vier bis sechs Stunden.

Doch auch wenn alte Techniken weiterhin gepflegt werden: Im Sonnenbühler Ostereimuseum sind auch Exemplare moderner Designer zu sehen. Da ist etwa ein Ei mit integriertem, halb aufgezogenem Reißverschluss. Oder weiße Eier, die seitlich aufgeschnitten und mit roten Fäden umsponnen sind.

Barbara Neuhaus aus Bischofswiesen (Bayern) fräst mit dem Zahnarztbohrer feine Muster in Hühner-, Enten- oder Gänseeier. Es sind filigrane Kunstwerke im Miniformat, die unter ihren Händen entstehen.

Mittlerweile hat ein neues Gerät die Osterei-Produktion revolutioniert: Zahnarzt-Bohrer sind ein beliebtes Werkzeug, um die ungefärbte Schale mit feinsten Lochmustern zu perforieren. "Dieses Design passt zum Stil unserer Zeit", sagt Müller. "Sehr filigran, aber reduziert."