Die kurhessische Bischöfin Beate Hofmann verurteilte die Ausschreitungen in der Kasseler Innenstadt scharf. Ein Verhalten auf einer Demonstration, das Corona-Regeln nicht beachte und mutwillig Ansteckungsrisiken in Kauf nehme, sei "kein sinnvoller Ausdruck der freien Meinungsäußerung, sondern höchst fahrlässig und verantwortungslos", erklärte sie am Samstagabend. Denn dadurch würden Inzidenzwerte weiter hochgetrieben, und die Einschränkungen dauerten an. "Die Missachtung der Corona-Regeln gefährdet Menschenleben", betonte sie.
Bischöfin Hofmann mahnte zu Besonnenheit und Geduld: "Wir vertrauen darauf, dass wir diese Krise gemeinsam bewältigen." Zusammenhalt sei das Gebot der Stunde: "Zusammenhalt heißt aus unserer Sicht, die Corona-Regeln noch so lange auszuhalten, bis genug Impfstoff für alle da ist, und miteinander die sozialen Folgen zu bewältigen. Zusammenhalt heißt nicht, sich über Regeln hinwegzusetzen, die zwar einschränken, aber auch Gesundheit und Leben schützen."
In Kassel sind am Samstag rund 20.000 Menschen einem Aufruf von "Querdenkern" gefolgt, um gegen die Corona-Maßnahmen zu protestieren. Mehrere Tausend Menschen hätten sich am Mittag zu einer verbotenen Kundgebung auf dem Friedrichsplatz in der Innenstadt versammelt, dabei sei es zu Zusammenstößen zwischen Einsatzkräften, "Querdenkern" und wenigen Gegendemonstranten gekommen, sagte ein Polizeisprecher.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte am Freitagabend entschieden, dass aufgrund der hohen Corona-Infektionszahlen die "Querdenker" nicht wie ursprünglich geplant im Staatspark Karlsaue aufmarschieren dürfen. Für dort waren allein 17.000 Teilnehmer angemeldet worden. Der Verwaltungsgerichtshof erlaubte lediglich 5.000 auf dem Messegelände "Schwanenwiese" und 1.000 weitere auf dem Platz der Deutschen Einheit, die dort laut Polizei weitgehend friedlich demonstrierten.
Augsburger Regionalbischof verärgert
Nach den Ausschreitungen in Kassel kritisierte auch der evangelisch-lutherische Regionalbischof im Kirchenkreis Augsburg und Schwaben, Axel Piper, die Bewegung der Corona-Leugner. Er sagte im Podcast der "Augsburger Allgemeinen", dass er sich sehr über "Querdenker" ärgere. Es sei nicht fair, wenn ihm unterstellt würde, er sei ein "Schlafschaf". Dies sei ein Begriff, den vor allem Verschwörungsgläubige verwendeten, um sich selbst als "Wissende" darzustellen, betonte Piper.
Sein katholischer Kollege, Bischof Bertram Meier, sieht bei der "Querdenken"-Bewegung eine Instrumentalisierung religiöser Symbole und den Missbrauch der Religion. Sollte das in der Karwoche erneut geschehen, nehme er sich die Freiheit zu sagen "Mit mir so nicht!", sagte Meier der "Augsburger Allgemeinen". Der Bischof kritisierte Verschwörungstheoretiker unter den Gegnern der Corona-Maßnahmen: "Mich kann zur Weißglut bringen, wenn jemand immer wieder gebetsmühlenartig das Gleiche sagt und meint: Wenn's zehn Mal gesagt ist, wird es wahrer."
Bei Demonstrationen gegen die Corona-Beschränkungen waren in den vergangenen Monaten verschiedentlich religiöse Symbole wie etwa ein Kruzifix zu sehen. Außerdem deklarierten die Protestierenden in Einzelfällen ihre Demonstrationen zu "Gottesdiensten" um, beispielsweise in München und in Karlsruhe. Dagegen hatten sich Kirchenleitende wie der badische evangelische Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh verwahrt.