Die evangelische Auferstehungskirche in Hamburg-Lohbrügge erhält ungewöhnlichen Besuch: Auf einem alten Fahrrad ist Jesus vorgefahren und fordert von Gemeindepastor Jonas Goebel und seiner Freundin Trixi Einlass. Sein Kumpel Martin Luther komme auch gleich, erklärt er. Er müsse nur noch schnell zum Dönerimbiss.
"Jesus, die Milch ist alle" ist ein unterhaltsamer Roman darüber, wie Jesus sein könnte, falls er heute noch einmal auf die Erde zurückkommt - gemeinsam mit dem Reformator Martin Luther. Das 160-Seiten-Buch ist frisch im Herder-Verlag erschienen. Sein Autor Jonas Goebel hat sich ausgemalt, welche Vorlieben Jesus heute hätte und wie er mit den Menschen sprechen würde. Sein Buch könne ein "lockerer, leichter Einstieg sein, über den christlichen Glauben neu nachzudenken", sagte er dem Evangelischen Pressedienst. "Ganz niedrigschwellig, ganz einfach."
Jede Menge Follower
Jesus hat die konkrete Aufgabe von seinem Vater mitbekommen, auf der Erde ein neues Evangelium zu schreiben. Martin Luther arbeitet derweil an seinen 95 Thesen "wider die liberale Belanglosigkeit in der evangelischen Kirche". Dank der sozialen Medien hat Jesus inzwischen wesentlich mehr Jünger als seinerzeit in Jerusalem, die aber heute Follower heißen. Das gemeinsame Bibelraten entlarvt, dass sein theologisches Wissen eher dürftig ist. Fußwaschungen lehnt er ab und verteilt stattdessen Gutscheine für die Pediküre.
Jesus kommt bei Pastor Goebel ganz irdisch rüber: Er hockt ständig vor dem Laptop, trinkt Bier und hört gern Helene Fischer. Er trägt Kapuzenpulli, Jogginghose und "Adiletten". "Kein schöner Mann, aber viele Lachfalten", heißt es. Als Mann aus dem Nahen Osten hat er in Hamburg auch schon Rassismus erlebt. Er schaut Dating-Shows, möchte aber doch lieber alleine leben.
Außenseiter und Klimaschutz
Er ist sehr kommunikativ und plaudert auch mit betrunkenen Jugendlichen über Gott und das Leben. Auch die Bibel zeige Jesus ja als einen Mann, der mit den Außenseitern gesprochen habe, sagt Pastor Goebel. Er spricht wie ein Kind mit Kindern, und selbst schwerhörige Senioren verstehen ihn gut. An Wunder erinnert nur, dass er Gedanken lesen und Wände durchschreiten kann.
Sein Engagement gilt heute dem Klimaschutz. Durch den übermäßigen Konsum einiger weniger Menschen würden viele andere ihre Heimat verlieren, sagt er. "Klimaschutz ist gleich Nächstenliebe." Sehr konsequent ist er dabei allerdings nicht. Er fordert den Verzicht auf Konsum, kauft aber gern bei Amazon ein. Auch sein Appetit auf Fleisch ist recht ausgeprägt.
Der 31-jährige Gemeindepastor Goebel aus Lohbrügge geht gern ungewöhnliche Wege. Goebel postet in den sozialen Medien, versteigert seine Predigten auf Ebay und verbreitet sie als Podcast. Die Vorliebe seines Jesus für Craft-Beer ist für ihn ein schönes Bild für die Erneuerung der Kirche. Dank Craft-Beer sei die Bierkultur vielfältiger geworden und manches schmecke unerwartet neu. Viele liebten das traditionelle Pils, doch andere wollten es gern bunt gemixt. Auch die Gottesdienste könnten vielfältiger sein, findet Goebel: andere Wochentage, aktuelle Musik und eine neue Art der Kommunikation. Ob er selbst gerne einmal Jesus treffen möchte? Das wäre sicherlich "großartig, bereichernd und schön", sagt Goebel. "Da würde ich definitiv nicht Nein sagen."