"Lutherstube"  auf der Wartburg
©epd-bild / Jens-Ulrich Koch
In diesem Raum, der "Lutherstube", hielt Friedrich der Weise von Sachsen den Reformator Martin Luther als "Junker Jörg" vom 4. Mai 1521 bis 1. März 1522 versteckt. Im Raum nebenan dürfen drei Autor:innen nun ganz freiwillig einen Monat lang schreiben.
"Wartburg-Experiment": Drei Autor:innen ziehen neben Luthers Schreibstube ein
Zwiesprache mit der Lutherbibel mit Thea Dorn, Martin Mosebach und Senthuran Varatharajah
Auf den Spuren Martin Luthers bewegen sich ab Sommer drei namhafte Autor:innen für je einen Monat auf der Eisenacher Wartburg. Direkt neben der Schreibstube des Reformators sollen sie einen inneren Dialog, eine "Zwiesprache mit Luthers Bibel", führen.
14.01.2021
epd und evangelisch.de

Die Idee entstand, als evangelisch.de-Redaktionspfarrer Frank Muchlinsky die Wartburg besichtigte. Die berühmte Schreibstube Luthers erschien ihm verlassen und allzu museal. Er fragte sich, wie es wohl wäre, wenn 500 Jahre nach Luthers Aufenthalt auf der Wartburg wieder jemand hier sitzen und schreiben würde. Muchlinskys Plan fand Unterstützung, unter anderem bei der Deutschen Bibelgesellschaft und der Internationalen Martin Luther Stiftung, und so werden sich ab Sommer 2021 drei namhafte Autor:innen für je einen Monat auf der Eisenacher Wartburg einfinden. Direkt neben der Schreibstube des Reformators sollen sie einen inneren Dialog, eine Zwiesprache mit Luthers Bibel, führen.

In der mitteldeutsche Kirchenzeitung "Glaube+Heimat" (Ausgabe vom 17. Januar) kündigte der Vorstandsvorsitzende der Internationalen Martin Luther Stiftung, Thomas Seidel, in einem Gastbeitrag an, dass die Grimme-Preisträgerin Thea Dorn, Büchner-Preisträger Martin Mosebach und Chamisso-Preisträger Senthuran Varatharajah ihre Teilnahme an dem Projekt zugesagt haben. Als Resultat ihres Aufenthaltes im August, September und Oktober auf der Wartburg sollen literarische Text entstehen. Zudem seien Lesungen und besondere Medienformate vorgesehen.

Das "Wartburg-Experiment" soll so einen ungewöhnlichen Zugang zu Luthers Bibelübertragung ermöglichen. Seine Übersetzung sei der Grundstock für die hochdeutsche Sprache, "mit weitreichenden Folgen für Wirtschaft und Wissenschaft, Handel und Wandel, Kunst und Kultur" gewesen, schreibt Seidel. Die von Luther ausgelöste Bibel-Bewegung gehe weiter; das Experiment wolle diesen Schatz ins Bewusstsein heben.

Luther war am 4. Mai 1521 auf dem Heimweg nach Wittenberg zum Schein auf die Wartburg entführt worden. Er sollte so dem Zugriff Kaiser Karls V. nach dem Wormser Reichstag entzogen werden. Auf der Burg übersetzte er als "Junker Jörg" das Neue Testament in knapp drei Monaten aus dem Griechischen ins Deutsche.

Neben den öffentlichen Lesungen werde es eine Auftaktveranstaltung, Austausch mit Schüler:innen sowie weitere Veranstaltungen in Eisenach geben. Abgeschlossen werden soll das Wartburg-Experiment im November 2021 mit einem literarischen Gottesdienst auf der Wartburg.