Trump-Anhänger waren am Mittwoch in das Kapitol eingedrungen und hatten den Abbruch der Sitzung erzwungen, bei der Senat und Repräsentantenhaus den Wahlsieg des Demokraten Joe Biden bestätigen sollten.
Trump müsse die Gewalt verurteilen, forderte James David Greear, Präsident der größten protestantischen Kirche in den USA, des Südlichen Baptistenverbandes. Der Präsident der Universität "Southern Baptist Theological Seminary", Albert Mohler, sagte, Trump sei verantwortlich für das Chaos. Mohler hatte vor der Präsidentenwahl erklärt, er werde für Trump stimmen. Megakirchenpastor Rick Warren verurteilte den Ansturm als Verrat und Terrorismus.
Der Präsident der katholischen Bischofskonferenz, Erzbischof José Gomez, betonte, Amerikaner müssten den "Werten der Demokratie" verpflichtet sein. Erzbischof William Lori beklagte die "schockierenden und gesetzeswidrigen Proteste".
Auch der leitende Bischof der anglikanischen Episkopalkirche, Michael Curry, zeigte sich bestürzt. Der Ansturm habe die "Integrität unserer Demokratie" bedroht, sagte Curry. Bewaffnete Demonstranten hätten einen Staatsstreich versucht.
Der Geschäftsführer des jüdischen Menschenrechtsverbandes Anti-Defamation League, Jonathan Greenblatt, warf Trump vor, er habe zur Gewalt angestiftet. Soziale Medien müssten Trump blockieren. Der Kurznachrichtendienst Twitter hatte Trumps Konto am Mittwochabend (Ortszeit) für zwölf Stunden gesperrt. Facebook blockierte Trump für 24 Stunden.
Kanzlerin gibt Trump Mitschuld für Eskalation
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich entsetzt über die gewaltsame Erstürmung des Kapitols in Washington. Merkel nannte die Bilder von gewaltbereiten Demonstranten am Sitz des Kongresses am Donnerstag "verstörend". "Mich haben diese Bilder wütend und auch traurig gemacht", sagte sie in ihrem Grußwort an die Klausurtagung der CSU-Fraktion in Berlin, in dem sie zuerst auf die aktuellen Ereignisse in den USA einging.
"Eine Grundregel der Demokratie ist: Nach Wahlen gibt es Gewinner und Verlierer", sagte Merkel. Beide hätten "ihre Rolle mit Anstand und Verantwortungsbewusstsein zu spielen, damit die Demokratie selbst Sieger bleibt", ergänzte Merkel und kritisierte den noch amtierenden US-Präsidenten Donald Trump: "Ich bedauere sehr, dass Präsident Trump seine Niederlage seit November nicht eingestanden hat und auch gestern wieder nicht."
Merkel gab Trump eine Mitschuld an der Eskalation. Zweifel am Wahlausgang seien geschürt worden, das habe Atmosphäre dafür bereitet, die die Ereignisse in der Nacht erst möglich gemacht hätten, sagte sie. Zugleich bezeichnete sie es als "Zeichen der Hoffnung", dass der Kongress noch in der Nacht seine Arbeit fortgesetzt hat". Nun stehe der Wahlsieg von Joe Biden und Kamala Harris fest, sagte Merkel und ergänzte: "Die Vereinigten Staaten werden in weniger als zwei Wochen, so wie es sein muss, ein neues Kapitel ihrer Demokratie eröffnen."
Steinmeier: Gewalt zeigt Verwundbarkeit der "mächtigsten Demokratie der Welt"
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte ich besorgt über die gewaltsame Erstürmung des Kapitols in Washington. "Wir mussten mit ansehen, wie verwundbar selbst die älteste und mächtigste Demokratie der Welt ist", sagte Steinmeier nach den gewaltsamen Szenen im US-Kongress am Donnerstag in Berlin. "Das ist eine historische Zäsur für die Vereinigten Staaten und das ist ein Angriff auf die liberale Demokratie überhaupt", so das Staatsoberhaupt.
"Der friedliche Machtwechsel infolge freier Walen ist ein Grundstein der Demokratie", sagte Steinmeier. Ein "bewaffneter Mob" habe dies missachtet, sagte Steinmeier und gab wie zuvor bereits Kanzlerin Merkel Trump selbst eine Mitschuld an der Eskalation in Washington. Dieser Mob sei "aufgestachelt von einem amtierenden Präsidenten", sagte Steinmeier. Die Szenen seien "Ergebnis von Lügen und noch mehr Lügen, Spalterei und Demokratieverachtung, von Hass und Hetze auch von allerhöchster Stelle".
Steinmeier sprach von einem "Sturm auf das Herz der amerikanischen Demokratie", der vier Menschenleben gekostet habe. Er erinnerte an die Szenen am Rande der Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen Ende August vergangenen Jahres in Berlin, als wütende Protestierende und Rechtsextreme die Stufen des Reichstagsgebäudes stürmten. Auch für Deutschland gelte: "Hass und Hetze gefährden die Demokratie, Lügen gefährden die Demokratie, Gewalt gefährdet die Demokratie", sagte Steinmeier. Daran müsse man gerade in diesem Jahr denken, sagte er mit Verweis auf die 2021 anstehenden Wahlen von Bundestag und mehreren Länderparlamenten.