"Das Thema Politik wird in vielen Familien kaum mehr diskutiert, wenn man weiß, dass Familienmitglieder unterschiedlicher Auffassung sind", sagte Kopania. Das habe er vor vier oder auch vor acht Jahren so nicht erlebt, meint der Theologe und frühere Auslandspfarrer in den USA.
"Vor zwölf Jahren, als ich in meiner damaligen Auslandsgemeinde begonnen habe, haben wir noch das Konterfei von Barack Obama in den Schaukasten der Kirche gehängt und auch ein nennenswerter Teil der Gemeindeglieder, die republikanisch gestimmt haben, hat das natürlich negativ benannt, aber in einer Art und Weise, dass man darüber miteinander sprechen konnte", fügte er hinzu. Das habe sich mittlerweile deutlich verschärft: "Das macht mir Sorgen für die kommenden vier Jahre, weil dieser Riss durch die amerikanische Gesellschaft wahrnehmbar schwieriger geworden ist", sagte Kopania, der als US-Bürger den Angaben zufolge bei der Präsidentschaftswahl 2020 die Briefwahl nutzte.
Dass die Kirche in den USA deutlich politischer sei als in Deutschland könne man so nicht sagen, erklärte Kopania. Erstens gebe es ein Gesetz für religiöse Organisationen, dass sie sich nicht politisch betätigen dürfen. Zweitens gebe es unter den Kirchen seiner Wahrnehmung nach eine Aufteilung in ganz konservative Kreise wie den sogenannten Bible Belt in den Südstaaten und den Evangelikalen im weitesten Sinne. Dann gebe es die sogenannten "Mainline-Churches", die unter ihren Mitgliedern sehr starke konservative republikanische Kräfte haben und in ihrer Leitungsstruktur eher demokratisch arbeiten. Und dann gebe es wenige, aber nicht weniger bedeutsame Kirchen, wie die United Church of Christ (UCC), die sich sehr klar demokratisch positionieren. "Es gibt ein breites Spektrum an Meinungen", betonte Kopania.
"Für Europa wäre es sicherlich unter einem Präsident Biden etwas weniger lautstark, was die Auseinandersetzungen angeht in den diversen Fragen von Verteidigung, Wirtschaft oder internationale Politik", sagte Kopania. Die grundsätzlichen Forderungen wie zu den Leistungen an die Nato oder der höheren Beteiligung an den Ausgaben würden allerdings auch von demokratischer Seite formuliert, freilich "in einer sicherlich diplomatisch sehr viel angenehmeren Art und Weise", sagte er: "Aber, dass es unbedingt sehr viel leichter werden würde, die transatlantische Zukunft zu gestalten, wage ich zumindest zu zu bezweifeln."