Zur Diamantenen Hochzeit am 19. Dezember muss sie klingen, die Orgel in der Christuskirche im thüringischen Rositz – und sie wird es auch. Das versichert Pfarrerin Christiane Müller: Selbst wenn die Sanierungsarbeiten am Instrument bis dahin noch nicht ganz und gar abgeschlossen sein sollten, das hat sie mit dem Orgelbauer geklärt. Und die Pfarrerin weiß auch schon, wer das Instrument an diesem denkwürdigen Tag spielen dürfen soll: Derjenige nämlich, der das meiste Geld für die Instandsetzung gespendet hat, mitsamt seinem Sohn. Einen "wundervollen Plan" hat Christiane Müller für die ersten Spiel-Tage der wiederhergestellten Orgel. Nach dem Großspender soll der Gutachter spielen, dann sind diverse Ehrenamtliche dran, dann der Kantor, dann ... Ein guter Plan, nur klappen muss er: "Jetzt darf bloß keiner krank werden!"
Erbaut wurde das Instrument, an dem gerade so eilig gewerkelt wird, im Jahr 1878 von Christoph Opitz in Dobra. Die mehr als 140 Jahre alte "Dame" auf der Westempore der Christuskirche ist, wie die ganze Kirche, in Grau- und Goldtönen gehalten. Schon im zweiten Jahr hintereinander sind die Fachleute der beauftragten Orgelbaufirma mit ihr beschäftigt. Um die zuletzt sehr schwergängige Orgel wieder gottesdiensttauglich zu machen und ihre ursprünglich romantische Klangfarbe wiederherzustellen, müssen Spieltisch und Windladen, Trakturen und Pfeifen, Prospekt und Gehäuse bearbeitet werden. 54.000 Euro wird der aktuelle zweite Sanierungsschritt kosten, insgesamt wird die Gemeinde am Ende rund 74.000 Euro für die Orgel ausgegeben haben. Die Stiftung Orgelklang fördert das Projekt mit 3000 Euro.
Spenden sammelt der eigens gegründete Freundeskreis zum Beispiel mithilfe einer in der Kirche aufgestellten alten Orgelpfeife, berichtet Pfarrerin Müller. Auch eine Versteigerung zur Adventszeit habe es gegeben und einen "Arbeitseinsatz" des Karneval-Clubs Rositz, als es darum ging, die Windladen der Orgel auf die zweite Empore zu schaffen. Die Theologin findet es wichtig, die Gemeinde regelmäßig über den Stand der Dinge zu informieren: "Ich schreibe im Gemeindebrief immer, was wir geschafft haben und was noch gemacht werden muss". Im Freundeskreis, betont sie, sind nicht nur evangelische, sondern auch katholische Christinnen und Christen engagiert. "Sie denken, helfen und spenden mit. Da geht es nicht um die Konfession, sondern um das Verbindende, und das ist in dem Fall ‚unsere Orgel‘ in ‚unserer Kirche‘".
Seit 34 Jahren ist Christiane Müller im Altenburger Land als Pfarrerin tätig; mit einer dreiviertel Stelle kümmert sie sich um vier Kirchen und fünf Pflegeheime. Als Studentin schon ist sie nach Rositz gezogen, dann absolvierte sie dort ihr Vikariat und wurde zwei Jahre später ordiniert. Bis heute ist sie zufrieden - allerdings: "Vollkommene Glückseligkeit gibt es auf Erden natürlich nicht", sagt sie lächelnd.
Für die Orgel in der Christuskirche fühlt sie sich selbstverständlich verantwortlich: "Was unsere Vorfahren aufgebaut haben, müssen wir pflegen." Besonders schön wäre es für die Gemeinde, wenn die Pflege noch in diesem Jahr beendet werden könnte. Denn es geht natürlich nicht nur um die Diamanthochzeit, sondern auch um Weihnachten! Und dann ist da noch die Frage nach einem Fest zur Wiedereinweihung: Christiane Müller möchte die Feierlichkeiten bald stattfinden lassen, kleine Konzerte oder musikalische Gottesdienste schweben ihr vor, coronabedingt an mehreren Tagen hintereinander. "Der Orgelbauer möchte aber lieber noch warten bis zum Sommer, damit dann ein ordentliches Fest mit Bratwurst und Bier stattfinden kann." Wie es kommt, ist noch nicht entschieden. Sicher bleibt indes, dass die Orgel noch in diesem Jahr wieder erklingen, und bei dem Diamantenen Brautpaar vermutlich für größtmögliche irdische Glückseligkeit sorgen wird.