Verband sieht Pflegeheime für Corona-Herbst gut gerüstet
Die Alten- und Pflegeheime sehen sich auf eine mögliche zweite Corona-Welle in der kalten Jahreszeit gut vorbereitet. Ein "Wegsperren" der Bewohner wie im Frühjahr werde es nicht mehr geben.
15.10.2020
epd
epd-Gespräch: Michael Grau

"Wir gehen im Moment davon aus, dass es keine grundsätzlichen Besuchsverbote für Angehörige mehr geben wird", sagte die Altenhilfe-Expertin Sabine Weber aus Osnabrück dem Evangelischen Pressedienst. "Wir haben in der Zwischenzeit sehr viel gelernt. Und wir haben das Gelernte gründlich eingeübt." Weber ist stellvertretende Vorsitzende des Niedersächsischen Evangelischen Verbandes für Altenhilfe und Pflege (Nevap), der etwa 300 von insgesamt rund 1400 Pflegeheimen in Niedersachsen vertritt.

So hätten die Heime alle Abläufe akribisch auf mögliche Ansteckungsrisiken hin überprüft, sagte die Expertin. Vom Handlauf bis zum Fahrstuhlknopf werde alles regelmäßig gründlich desinfiziert. "Hier haben wir die Maßnahmen sehr stark nach oben gefahren." Zudem sei die Kommunikation innerhalb der Heime sowie mit Angehörigen und Ämtern, die sich durch die Hygieneregeln stark verändert habe, verbessert worden. Die Mitarbeiter begegneten sich nicht mehr hausübergreifend in den Pausen und wechselten nicht mehr zwischen den Wohngruppen hin und her. Engpässe bei den Schutzmaterialien wie FFP2-Masken, Kittel, Visiere und Desinfektionsmittel seien weitgehend behoben.

Spontane Besuche möglich

In vielen Heimen könnten Besucherinnen und Besucher mittlerweise zu bestimmten Zeiten unangemeldet ins Haus kommen und dort für die gesamte Besuchszeit bleiben. "Ich kann einfach hingehen und da sein", sagte Weber mit Blick auf die im Frühjahr verhängten Betretungsverbote: "Das ist schon eine entscheidende Verbesserung für alle Beteiligten." Alle Besuche müssten allerdings an der Pforte sorgfältig dokumentiert werden.

Fast alle Heime hätten Besuchsräume eingerichtet, so dass die Gäste nicht durch die Wohnbereiche gehen müssten, berichtete Weber. Viele dieser Räume hätten zwei Eingänge, so dass sich Besucher und Bewohner auch auf Distanz treffen könnten. Besuche auf den Zimmern der Bewohner seien ebenso möglich wie Zusammenkünfte in Gärten. "Wir haben alle Stufen zur Verfügung, so dass man sich an die jeweilige Gefährdungslage anpassen kann."

Schnelltests für Besucher, wie sie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angeregt hatte, seien im Prinzip ein Schritt in die richtige Richtung, sagte Weber. Sie verursachten jedoch einen beträchtlichen Mehraufwand an Zeit für das Personal. "Ich sehe im Moment nicht, wie wir das gelöst bekommen."

Die Bedürfnisse unter den Bewohnern seien momentan sehr unterschiedlich, erläuterte die Pflegeexpertin. Manche wünschten sich viel Kontakt nach außen, andere legten Wert darauf, vor einer Infektion geschützt zu werden. "Hier müssen wir individuelle Lösungen finden, um jedem ein Stück entgegenzukommen." Ein "Wegsperren" wie zu Beginn der Krise sei jedenfalls keine Lösung.