Demokraten seien "eine gottlose Partei", sagte Baptistenprediger Robert Jeffress kürzlich im US-Fernsehsender Fox News. Jeffress gilt als wortgewaltiger Weggefährte des US-Präsidenten Donald Trump. Trump behauptete im Wahlkampf, sein Herausforderer Joe Biden sei "gegen Gott". In den USA stimmen häufige Kirchgänger und weiße Christen mehrheitlich für die Kandidaten der Republikanischen Partei. Agnostiker und Menschen ohne kirchliche Bindung wählen eher demokratisch.
Bei den Zwischenwahlen im Jahr 2018 stimmten laut Pew Research Center 58 Prozent derjenigen, die häufig einen Gottesdienst besuchen, für die Republikaner. 68 Prozent derjenigen, die keinen Gottesdienst besuchten, stimmten für die Demokraten. Weiße Protestanten und weiße Katholiken entschieden sich bei der US-Präsidentschaftswahl 2016 mehrheitlich für Trump.
Die Sache ist komplex für den demokratischen Präsidentschaftsanwärter Joe Biden: Er will den Republikanern das religiöse Feld nicht ganz überlassen. Doch wegen des demografischen Trends sind Gläubige eine weniger bedeutende Zielgruppe für die Demokraten.
Der Politikwissenschaftler Ryan Burge ist Experte für Statistiken zu Glauben und Politik. Die Republikanische Partei sei zur konservativen "Partei der weißen Christen" geworden, sagte der Wissenschaftler, der an der Eastern Illinois University in Charleston (Illinois) lehrt, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bei den Demokraten versammelten sich alle anderen: schwarze Protestanten, Menschen ohne religiöse Bindung, Atheisten, links eingestellte Christen, Muslime, Juden, Buddhisten und mehr. In sogenannten protestantischen "Mainline"-Kirchen sehe man Unterschiede zwischen Führung und Mitgliedern: Die Führung vertrete oftmals liberalere Positionen als die Gläubigen.
Trump mobilisiert besonders die Evangelikalen unter den weißen protestantischen Wählern - vor allem, weil er Abtreibungen ablehnt und Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt hat. Der Wahl-Trend, dass weiße Christen eher zu den Republikanern tendieren, existiert seit Jahrzehnten. Der Baptist Jimmy Carter (1977-1981) war der letzte Demokrat, der mit den Stimmen weißer Protestanten und Evangelikaler gewählt wurde.
Recht auf legale Abtreibung umstritten
Die Auseinandersetzung um das Gerichtsurteil von 1973 zur Legalisierung der Abtreibung gilt als unüberbrückbare Kluft. In der Republikanischen Partei ist kaum Platz für eine Befürwortung legaler Abtreibung. Das demokratische Parteiprogramm bekennt sich ohne Wenn und Aber zum Recht auf Schwangerschaftsabbruch. Vor 20 Jahren noch hatte die Partei eingeräumt, das Recht auf Abtreibung müsse geschützt werden, gleichzeitig sollte bessere Familienplanung bewirken, dass Abtreibungen kaum noch vorkommen. In den 70er Jahren galten die Republikaner als Partei der Familienplanung, die Demokraten mit ihren vielen katholischen Mitgliedern hingegen nicht.
Die am schnellsten wachsende religiöse Gruppe sind Menschen ohne Anbindung an bestehende kirchliche Institutionen. Viele dieser Menschen finden ihr politisches Zuhause bei den Demokraten. 2019 hat das Leitungsgremium der Partei erstmals die Beiträge nicht-religiöser Menschen zur Partei betont.
Starke Abneigung gegen Trump
Dass eine Dosis Religion Demokraten gut tun kann, hat sich bei Wahlen seit Jimmy Carter gezeigt. Gewonnen haben Bill Clinton (1992 und 1996) und Barack Obama (2008 und 2012), die beide mit "religiöser Sprache" Zugang fanden zu manchen gläubigen Wählern. Verloren haben Walter Mondale (1984), Michael Dukakis (1988), Al Gore (2000), John Kerry (2004) und Hillary Clinton (2016), die trotz persönlicher Frömmigkeit wenig über ihren Glauben sprachen. Joe Biden betont seinen katholischen Glauben, der ihn - wie er sagt - seit seiner Schulzeit in einer katholischen Schule präge.
Der Politikwissenschaftler Burge sieht die Demokraten in einem leichten Vorteil, was ihre Kernwählerschaft angeht. Während der harte Kern der Trump-Wähler sich rein zahlenmäßig nicht vergrößern lasse, sei die Wählerschaft der Demokraten aufgrund ihrer Diversität ausbaufähig. Auch wenn es schwierig für die Demokraten sei, gleichzeitig Menschen mit sehr unterschiedlichen Weltanschauungen ansprechen zu müssen: Zusammengehalten würde das demokratische Lager von der starken Abneigung gegen Donald Trump.