"Wir haben verlernt, respektvoll miteinander zu streiten", sagte der Kirchenpräsident Martin Heimbucher dem Evangelischen Pressedienst. Am 18. September wird seit 2008 alljährlich der aus den USA stammende "Tag des Respekts" begangen. Dazu gehöre, einander zuzuhören, sich ausreden zu lassen und auf Augenhöhe miteinander zu sprechen. Heimbucher leitet die Evangelisch-reformierte Kirche mit Sitz in Leer.
Respekt sei jedoch keine Einbahnstraße, betonte Heimbucher. Wenn es jemand in einem kontroversen Dialog an Respekt mangeln lasse, "mit Dreck wirft und persönlich gemein wird", sei es wichtig deutlich Position zu beziehen und eine persönliche Grenze zu ziehen. "Das erfordert durchaus ein Quäntchen Mut und Zivilcourage, aber in solchen Fällen muss man ganz klar sagen: 'Nein, auf dieser Ebene diskutiere ich nicht'", sagte Heimbucher. "Man muss nicht alles ertragen."
Praxis und Übung erforderlich
Wichtig sei es darüber hinaus, in solchen aufgeheizten Momenten zwischen den Menschen und den Inhalten, um die es gehe, sowie dem Verhalten des Gegenübers zu trennen. "Ich muss mir immer klar machen, dass vor mir ein Mensch sitzt. Dieser Mensch ist nicht zu reduzieren auf das, was er gerade sagt und wie er sich gerade verhält", unterstrich der Theologe.
Diese Herausforderung im alltäglichen Umgang miteinander meistern zu können, sei nicht immer leicht, räumte der Theologe ein. Es erfordere Praxis und Übung. Als Vorbild nannte Heimbucher Polizeibeamte, die zum Beispiel bei den Anti-Corona-Demonstrationen im Einsatz sind. "Die haben genau das trainiert."
Kirchen sind Heimbucher zufolge geeignete Räume, um einen fairen, von Respekt getragenen Dialog zu kontroversen Themen zu führen. "Hier spürt fast jeder, dass er sich nicht wie ein Hooligan benehmen kann", sagte Heimbucher. Die Kirchenpräsident plädierte dafür, kirchliche Räume viel häufiger für den Austausch zu umstrittenen gesellschaftlichen Themen zu nutzen.