Julian Sengelmann ist prominenter Schauspieler, Musiker, Autor, Sprecher - und Theologe. Doch als angehenden Pastor kennen ihn nur wenige. Seinen Beruf könne er auf einer Party gar nicht beiläufig erwähnen, ohne sofort mit Fragen überhäuft zu werden, die Menschen an die Kirche haben, sagt Sengelmann. Die "Top Ten"-Fragen hat der 37-Jährige gesammelt und darüber ein Buch geschrieben, das im Mai erschienen ist: "Glaube ja, Kirche nein?" ist eine ganz persönliche Auseinandersetzung mit seiner Kirche (rororo Taschenbücher, 2020, 286 Seiten, 16,00 Euro, ISBN 3499000555).
Bekannt wurde der gebürtige Hamburger unter anderem als Jungkommissar in "Türkisch für Anfänger" oder als Bösewicht in der Kinderserie "Löwenzahn". Mit seiner ehemaligen Band "Feinkost" war er unter anderem zu Gast in Ina Müllers Nightshow. Seit Oktober vergangenen Jahres moderiert er in Sat.1 "So gesehen", eine Talkshow über ethische Lebensfragen. Außerdem ist er Sprecher für Hörspiele. Vor drei Jahren erschien sein erstes Sachbuch über christliche Feiertage. Noch bis Juni ist er Vikar an der Hamburger Hauptkirche St. Katharinen (Speicherstadt) und stellt seine Doktorarbeit fertig.
"Menschen für Gott begeistern und Atmosphären schaffen"
Als Schauspieler kennt sich Julian Sengelmann damit aus, in verschiedene Rollen zu schlüpfen. In der Rolle des Pastors zu sein, ist für ihn jetzt eine ganz neue Herausforderung. "Ich wäre gerne ein Pastor, der ansprechbar ist", sagt er. Dabei sei es ihm wichtig, Menschen zuzuhören und sie bei ihren Lebensthemen ernst zu nehmen. Auf der Kanzel übernehme er zwar eine Rolle, aber er sei in dem Moment kein Schauspieler, sondern ganz echt er selbst. "Menschen für Gott begeistern und Atmosphären schaffen", darin sieht er eine wichtige Aufgabe. Und das gehe nur, wenn er sich ungeschminkt als Mensch zeige.
"Was Kirche wirklich gut macht, sind Lebensfeste", sagt Sengelmann. Menschen bei wichtigen Stationen wie Hochzeiten und Taufen zu begleiten, damit kenne sich die Kirche gut aus. "Die Kirche ist da mittlerweile aber nicht mehr der einzige Anbieter auf dem Markt", räumt er ein. So seien freie Trauredner im Kommen. Auch wenn es um Selbstfindung geht, gebe es unzählige Angebote in Form von Apps zum Meditieren und zur Achtsamkeit.
Für Sengelmann ergibt sich daraus die kritische Frage, wozu die Kirche dann heute noch gebraucht werde. Sie müsse sich verändern, um Menschen wieder zu erreichen und sich als Ort zu präsentieren, der ihre Lebensthemen im Blick hat. Sie spreche allerdings oft eine Sprache, die heutzutage keiner mehr versteht.
"Kirche kann den Menschen total gut tun"
Zwischenzeitlich sei er von den vielen kritischen Fragen an sein Pastorenamt so genervt gewesen, dass er sich als "Delfin-Therapeut" ausgegeben habe, räumt Sengelmann schmunzelnd ein. Doch dann habe er weiter nachgehakt: "Was stört dich wirklich an Kirche?" Die entscheidende Frage der Menschen sei heute, was die Kirche mit ihnen ganz persönlich zu tun habe.
Auch er selbst habe sich intensiv befragt, wozu die Kirche noch gebraucht werde. Das Ergebnis hat er in seinem Buch festgehalten. "Ich glaube, dass Kirche den Menschen in dieser Gesellschaft total gut tun kann", sagt er. Es brauche Menschen, die stellvertretend für andere Menschen aufstehen, den Fragen der Zeit eine Stimme geben und sich für die Gesellschaft stark machen.