Frauengruppen gibt es viele in den Kirchen, Männergruppen muss man suchen. Wie viele es im Bereich der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) aktuell gibt, vermag Stefan Sigel auf Anhieb nicht zu sagen. Vor einiger Zeit seien es um die 90 gewesen, an einer aktuellen Bestandsaufnahme arbeite er gerade, sagt der Fachreferent für Männerarbeit der EKKW. Besonders gut laufe das Modell des Männerfrühstücks. "Männer reden untereinander anders, als wenn Frauen dabei sind", sagt Sigel. "Unter sich sind sie offener". In gemischten Gruppen seien es oft die Frauen, die das Wort ergreifen würden. "Es macht Spaß, hin und wieder nur unter Männern zu sein", erklärt er.
"Der Kern solcher Männergruppen besteht aus Männern zwischen 50 und 70 Jahren", beschreibt Sigel. Die Häufigkeit der Treffen sei unterschiedlich. "Manche treffen sich monatlich, andere nur drei- oder viermal im Jahr." Während es Gruppen gebe, die lediglich eine Aussprache unter Männern suchten, würden andere Referenten einladen oder gemeinsame Unternehmungen machen. "Es ist wichtig, dass nicht der Pfarrer so etwas vorbereitet", rät Sigel.
"Papamobil" ist sonst ein Renner
Ein interkulturelles Projekt mit Flüchtlingen der Männerarbeit der EKKW wurde sogar mit dem Innovatio-Sozialpreis ausgezeichnet. Leider ruhe es momentan wegen der Kontaktbeschränkungen, berichtet Sigel. Bei dem Projekt wurden Treffen mit männlichen Flüchtlingen arrangiert, und man tauschte sich über Männerthemen aus, oft mit Hilfe von Dolmetschern. So etwas digital zu machen, funktioniere nur sehr schwer, zumal auch die Atmosphäre fehle, beklagt Sigel. Etwa zehn Gruppen habe es im Bereich der EKKW gegeben. "Die Teilnehmer waren überrascht, wie locker und offen diese Treffen verliefen", sagt Sigel. Dies habe auch daran gelegen, dass viele Flüchtlinge es aus ihrer Kultur gewohnt seien, zusammen mit Männern im Café zu sitzen und zu reden.
Gut liefen auch Besinnungstage, die beispielsweise zur Adventszeit in einem Benediktinerkloster angeboten werden. Ein großer Renner sei vor allem das "Papamobil", ein ausrangiertes und umgebautes Feuerwehrauto. Dieses werde vor allem in der Vater-Kind-Arbeit eingesetzt, die bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie am meisten Zuspruch gefunden habe. Mit Hilfe des Autos organisierten Männer in Kindergärten, Schulen oder auch Kirchengemeinden Kindernachmittage. Allein im vergangenen Jahr hätten sich hier insgesamt 600 Väter und 700 Kinder engagiert. Leider sei die Arbeit wegen Corona vorerst zum Erliegen gekommen. "Es hat schon 18 Absagen für solche Aktionen gegeben", bedauert Sigel.
"Erfolgsmodell": Vater, Kind, Outdoor-Aktion
Die Vater-Kind-Arbeit spricht auch in der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau (EKHN) mancherorts viele Männer an, etwa in Bad Vilbel. In der Evangelischen Christuskirchengemeinde verbringen seit 24 Jahren Väter mit Kindern verschiedener Altersgruppen ein Wochenende für gemeinsame Outdoor-Aktivitäten, Grillen und Gottesdienst. Mit älteren Jugendlichen gehen Väter auf Radtouren, zum Segeln oder Rafting. "Ein Erfolgsmodell", sagt Pfarrer Klaus Neumeier. Um 2010 hätten acht Wochenenden mit über 300 Teilnehmern im Jahr stattgefunden. Dieses Jahr seien sechs Wochenenden mit rund 150 Teilnehmern geplant gewesen, bisher hätten die ersten zwei Wochenenden wegen der Coronakrise abgesagt werden müssen.
In der Fläche sieht es bei speziellen Angeboten für Männer in der EKHN mager aus. Die Stelle für Männerarbeit wurde nach Aussage von Pressesprecher Volker Rahn vor Jahren gestrichen. "Es gibt keine eigenständige Männerarbeit in der EKHN. Sie ist in das Aufgaben-Portfolio der jeweiligen Gemeinde integriert", gibt er zur Auskunft. Das Arbeitsgebiet sei in dem Gleichstellungsbüro aufgegangen. "Junge Väter wollen mehr an der Erziehung ihrer Kinder teilhaben, Männer mittleren Alters wollen mehr Zeit für die Pflege ihrer Eltern haben", ist dort die Erfahrung der EKHN-Gleichstellungsbeauftragten Carmen Prasse: Männer veränderten ihr Rollenbild.