Der Anfang war ruckelig. Als der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad und der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann per Livestream den Menschen Mut zusprachen, versagte zunächst die Technik. Beide hielten ihre Andacht in der Kapelle des Butenschoenhauses in Landau. Die Landeskirche will bis auf weiteres samstags um 18 Uhr eine Andacht aus dem Butenschoenhaus senden. Sie folgt damit einem Trend, denn das Angebot der Kirchengemeinden im Internet wächst rasant.
Trotz des Verbots können die Menschen Seelsorger sehen und hören - digitaler Technik sei Dank. In Maxdorf hat Pfarrer Stefan Fröhlich am 15. März einen Gottesdienst per Livestream ins Internet übertragen. Am Wochenende darauf hat die Kirchengemeinde den Gottesdienst schon am Samstag aufgezeichnet, so dass er am Sonntag im Internet abrufbar war. "Die Qualität ist dann deutlich besser", sagt Fröhlich.
"Es ist sehr gewöhnungsbedürftig, in einer leeren Kirche zu predigen", sagt Fröhlich. Und auch wenn die Rückmeldungen zeigen, dass die Menschen dankbar sind für das Angebot in der Corona-Krise, könne er sich dieses Angebot in Zukunft lediglich als zusätzliches vorstellen. "Vor Ort ziehen die Menschen den Live-Gottesdienst vor", ist sich Fröhlich sicher. Dennoch: Vorerst wurde das Angebot noch um eine tägliche Video-Andacht um 17 Uhr erweitert.
Wie erreichen wir die Kirchenmitglieder in dieser Zeit, das haben sich auch Pfarrerin Traude Prün, ihre Kollegen Andreas Funke und Christopher Markutzik sowie Vikar Max Niessner aus den Kirchengemeinden Grünstadt und Sausenheim-Neuleiningen überlegt. Sie produzieren rund dreiminütige Andachten, die über die Onlineplattformen der Kirchengemeinden sowie Facebook abzuhören sind. Darüber hinaus können alle zum normalen Ortstelefontarif die Andacht unter Telefonnummer 06322/9883501 abrufen. Vikar Max Niessner speist die Andacht von Kallstadt aus ein.
Gottesdienst ohne Gemeinde kein Gottesdienst?
Zu hören ist eine kleine Liturgie mit Gebet und Segen. Rund 70 Menschen rufen laut Niessner täglich die Telefonandacht auf. Sichtbar werden wollen die Kirchengemeinden mit der Video-Andacht "Mitt-Woch mit Gott" immer mittwochs aus der Grünstadter Martinskirche und der Sausenheimer Peterskirche. Im Netz war auch der Sonntagsgottesdienst mit Pfarrer Funke zu sehen.
Natürlich könne man diskutieren, ob ein Gottesdienst ohne Gemeinde nach dem Verständnis der Confessio Augustana noch ein Gottesdienst sei, sagt Niessner. Theoretisch sei die Gemeinde auch am Bildschirm mit dabei. "Insgesamt müssen wir aber verantwortlich damit umgehen." Mit den Videos gehe es auch darum, sich als "Bodenpersonal" in der Kirchengemeinde sichtbar zu machen, weil die physische Präsenz wegfalle.
Diese Präsenz wollen weitere Pfarrerinnen und Pfarrer herstellen. Pfarrer Arne Dembek und Pfarrerin Mirjam Dembek sprechen auf dem Youtube-Kanal "Kirche Kandel Online" die Kirchenmitglieder an. Dazu gibt es Predigten zum Nachhören. Auch von Pfarrer Wilhem Kwade in Lustadt-Weingarten hat Jürgen Schaaf, Öffentlichkeitsbeauftragter des Kirchenbezirks, Andachten fürs Internet gedreht. In Germersheim soll das Handpuppenanspiel des monatlichen "Gottesdiensts für kleine Leute" auf diese Weise übertragen werden.
In Großbundenbach will Pfarrer Milan Unbehend mit Wohnzimmer-Gottesdiensten auf Youtube die Menschen erreichen, in Rammelsbach hat Pfarrer Sven Lotter ein entsprechendes Angebot gestartet, in Ensheim predigt Pfarrer Wolfgang Glitt auf Facebook.
Und das Angebot wird sich wohl noch vergrößern: "Mich erreichen täglich Anfragen von Kirchengemeinden, die Ähnliches starten wollen und Hilfe brauchen", sagt Jochen Krümpelmann vom Evangelischen Mediendienst (emd) des Evangelischen Presseverbands in der Pfalz. Vor allem die Bild- und Tonqualität sei bei Livestreams eine Herausforderung. Das haben auch Kirchenpräsident Schad und Bischof Wiesemann erfahren müsse.