"Ich wundere mich außerordentlich über die Anordnung, hier einfach in einen Stillstand zu gehen", sagte Pastor Thomas Harms dem Evangelischen Pressedienst. Schließlich hätten sich mehrere EU-Staaten abgesprochen, 1600 Kinder bis 14 Jahre aus den griechischen Flüchtlingslagern zu holen.
Harms war bis zum Dezember drei Jahre lang Pastor im Grenzdurchgangslager Friedland bei Göttingen und Geschäftsführer der dort tätigen Inneren Mission. In dieser Zeit besuchte er auch das Flüchtlingslager Vial auf der griechischen Insel Chios. Das niedersächsische Innenministerium hatte am 24. März erklärt, es sei angesichts der aktuellen Lage "derzeit offen, wie die EU-Kommission und der Bund die Übernahme der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus Griechenland organisieren wollen". Derzeit pausierten alle Umsiedlungsprogramme der EU.
Menschen "nicht im Morast und Dreck lassen"
Die Bilder aus diesen Lagern seien "hinreichend bekannt", sagte der evangelische Pfarrer. "Da entsteht eine 'Lost Generation' von Kindern und Jugendlichen, die weder beschult noch angemessen sozialisiert werden." Er finde diesen Zustand "hochgradig fatal - gerade in diesen Zeiten, in denen so viel möglich ist", fügte Harms mit Blick auf die Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus hinzu.
Deutschland dürfe diese Menschen nicht "im Morast und im Dreck lassen", forderte Harms. Es gebe in den griechischen Lagern Tote und Schwerverletzte, es gebe Brände und sexuelle Übergriffe auf Menschen, die sich nicht wehren könnten. "Wir erleben eine staatliche Priorisierung der Corona-Bekämpfung, die zulasten der Aufnahme von Flüchtlingen geht." Das entziehe sich seinem Verständnis: "Warum tut man das eine, was ja sinnhaft ist, und unterlässt das andere?"