In der Nacht zum Montag hatte die Bundesregierung beschlossen, kranke und unbegleitete Kinder aus griechischen Flüchtlingslagern zu holen, wenn auch andere EU-Länder zur Aufnahme bereit sind. Im Beschlusspapier des Koalitionsausschusses ist von 1.000 bis 1.500 Kindern die Rede.
Lilie betonte, dass Deutschland in der Lage sei, weit mehr kranken oder unbegleiteten minderjährige Flüchtlingen aus Griechenland eine neue Zukunft zu bieten. Zahlreiche Kommunen, aber auch soziale Träger wie die Diakonie, seien bereit, hier aktiv zu werden.
Zu den von der Regierung genannten Aufnahmekriterien sagte Lilie: "Grundsätzlich ist die Einschränkung auf unbegleitete Minderjährige nur bis zum Alter von 14 Jahren nicht akzeptabel." Auch 15- bis 18-jährige Jugendliche gehörten zu den besonders vulnerablen Gruppen, die man aus den Lagern holen müsse. Das gelte besonders auch für Mädchen und junge Frauen.
Lilie forderte, dass Eltern und Geschwister von schwer kranken Kindern ebenfalls mitkommen dürfen. "Das müsste die Regierung in ihrer Aufnahmeanordnung klären." Zudem stellte er klar, dass Familienzusammenführungsfälle nicht auf die deutsche Aufnahmequote angerechnet werden dürften. "Das ist nicht zulässig, weil ein Recht auf Familienzusammenführung besteht."
Flexibel reagieren
Um Kinder und Jugendliche zügig aus den Lagern zu holen, sei die Bundesregierung gefordert. "Das Bundesinnenministerium muss in Absprache mit den Ländern eine Aufnahmeanordnung erstellen, die die Anzahl der Personen und das Verfahren klärt." Dabei sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass über die Unterbringung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nicht nach dem bundesweiten Verteilungsschlüssel entschieden wird. Sie sollte da erfolgen, wo Kapazitäten vorhanden sind: "Hier müssen flexible Lösungen ermöglicht werden."
Lilie warb für ein unbürokratisches Auswahlverfahren in den Lagern durch das UNHCR unter Kooperation mit dem European Asylum Support Office (EASO) und der EU-Kommission. "Wie lange das letztlich dauern wird, hängt davon ab, wie aufwendig das Verfahren gestaltet wird. Das ist schwer vorherzusehen und kann durchaus noch Wochen dauern."