5. Juni 2019: Ein Nutzer mit dem Pseudonym "Fluklix123" nimmt im Artikel über Rentzing in der Online-Enzyklopädie Wikipedia mehrere Änderungen vor. Unter anderem wird in die Bischofsbiografie der Satz eingefügt: "Während seines Studiums in Frankfurt wurde er Mitglied der Alten Prager Landsmannschaft Hercynia (...)."
14. September 2019: Die in Dresden erscheinende "Sächsische Zeitung" veröffentlicht einen Artikel über Rentzing. Darin erklärt der Landesbischof, dass er während seines Studiums in Frankfurt am Main Anfang der 1990er Jahre Mitglied der pflichtschlagenden Landsmannschaft geworden sei und dabei auch "gefochten", also an dem traditionellen Verbindungs-Ritual der Mensur teilgenommen habe. Auf die Frage nach dem Wahlspruch der Landsmannschaft - "Deutsch, frei, innig und treu" - sagt Rentzing: "Es sind alte Wertmaßstäbe, die wichtig sind, aber vielleicht nicht mehr en vogue."
14. September 2019: Auf der Internetseite der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens wird eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin erklärt Rentzing, er sei seit etwa 25 Jahren nicht mehr in der Verbindung aktiv, "aber formal bin ich tatsächlich noch Mitglied in ihr". Er trage diesen Teil seiner Biografie ganz bewusst nicht offen vor sich her, stehe aber dazu, dass es ein Abschnitt in seinem Leben gewesen sei, den er auch wegen bis heute bestehender, wichtiger Freundschaften nicht verleugnen könne und wolle. "Kein Leben verläuft nur geradlinig, auch das meine nicht", erklärt Rentzing.
27. September 2019: Drei Leipziger Pfarrer und ein Kirchvorsteher stellen eine Petition mit dem Titel "Nächstenliebe verlangt Klarheit" ins Internet. Darin fordern sie von Rentzing eine Erklärung, warum er "als Repräsentant der sächsischen Landeskirche nach wie vor Mitglied" der Landsmannschaft sei. Auch erwarte man "eine klare Distanzierung" von der Berliner "Bibliothek des Konservatismus", die Teil des Netzwerks der Neuen Rechten sei. Rentzing hatte dort 2013 einen Vortrag gehalten. Weiter erwarte man "eine öffentliche und deutliche Distanzierung von allen nationalen, antidemokratischen und menschenfeindlichen Ideologien". Die Petition unterzeichnen in den Folgewochen mehr als 1.000 Menschen.
6. Oktober 2019: In einem Interview mit der "Leipziger Internet-Zeitung" sagt Rentzing: "Mein ganzes Leben lang ist mir nationalistisches, antidemokratisches und extremistisches Denken immer fremd geblieben."
8. Oktober 2019: Die Petenten erhalten von einem Pfarrer, der Rentzing aus dessen Berliner Zeit kennt, Texte, die der Bischof Anfang der 90er Jahre als Student für die Zeitschrift "Fragmente" verfasst hat. Versuche der Petenten, Kontakt mit Rentzing aufzunehmen, scheitern, da der Bischof krank ist.
9. Oktober 2019: Die Kirchenleitung in Dresden erfährt von der Existenz der Texte.
11. Oktober 2019: In einer regulären Sitzung der Kirchenleitung spielen die Texte wegen des geringen zeitlichen Vorlaufs zunächst kaum eine Rolle. Nach einer Sitzungspause bietet Rentzing der Kirchenleitung überraschend seinen Rücktritt an.
12. Oktober 2019: Die "Tagesschau" veröffentlicht online einen Artikel unter der Überschrift "Bischof verschwieg rechtsextreme Texte" sowie Auszüge aus den Schriften.
13. Oktober: In einer ausführlichen Stellungnahme stuft die Kirchenleitung die Texte als "elitär, in Teilen nationalistisch und demokratiefeindlich" ein. Sie seien "aus damaliger und aus heutiger Sicht unvertretbar". Rentzing hat unterdessen einen lange geplanten Urlaub angetreten und ist für Rückfragen nicht zu erreichen.
16. Oktober: Auf der Internetseite "citizengo.org" wird anonym eine Petition "Für den Verbleib von Sachsens Landesbischof Dr. Carsten Rentzing im Amt!" veröffentlicht. Die Petition erhält Tausende Unterschriften. Die Aussagekraft der Zahl ist jedoch nicht einzuschätzen, da die Petition Mehrfach-Zeichnungen erlaubt.
21. Oktober: Die Kirchenleitung erklärt, Rentzings Wunsch zu entsprechen und sein Rücktrittsangebot anzunehmen. Dem ist eine auf den 20. Oktober datierte Erklärung Rentzing angefügt, in der der Bischof mitteilt, er habe "angesichts der öffentlichen Diskussionen um meine Person, keine Gewissheit, ob ich der Einheit der Landeskirche im Amt des Bischofs weiter dienen kann". "Versuche der politischen Instrumentalisierung meiner Person von links und vor allem rechts weise ich entschieden von mir", erklärt Rentzing.
31. Oktober 2019: Rentzing scheidet offiziell aus dem Bischofsamt aus.
15. November 2019: Rentzing wird zum Auftakt der Herbsttagung der Synode verabschiedet. In seiner Abschiedsrede sagt er, er habe über die Texte aus seiner Studentenzeit nie erzählt, weil er das Alte als vergangen angesehen habe. Schon lange sei man auf der "Suche nach einem Angelhaken" in seinem Leben gewesen: "Man hat gesucht und schließlich hat man gefunden." Zugleich räumte er ein, dass seine damaligen, schriftlich dargelegten Gedanken antidemokratisch waren. Nachfragen oder eine Aussprache sind nicht vorgesehen.
15. bis 18. November: Die Synode beschließt, "öffentliche Petitionen gegen Personen und Amtsträger" seien "kein Mittel zur Klärung von Sachfragen und beschädigen unsere Strukturen". In einem weiteren Beschluss wird die Kirchenleitung gebeten, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, "die sich mit der Frage der Unterscheidung von wertkonservativem Christsein und Rechtsextremismus beschäftigen" soll.
24. Januar 2020: Die Kirchenleitung beschließt, dass die Arbeitsgruppe eingesetzt wird.