Sternenhimmel
© Paul Zinken/dpa/Paul Zinken
Die Milchstraße ist am Himmel zu sehen. "Kirche sagt doch an keiner Stelle etwas gegen Naturwissenschaft", erklärt Schmidt. Wie die Milchstraße und das ganze Weltall in ihrer jetzigen Form existieren, spreche nicht dagegen, dass es einen Gott gebe.
Gute Beziehungen nach ganz oben
Wolfgang Schmidt ist gläubiger Astrophysiker
Er erforschte dunkle Flecken auf der Sonne und engagiert sich als Landessynodaler in der badischen Landeskirche. Der Freiburger Wolfgang Schmidt erzählt, wie Gestirne und Glauben sein Leben prägen.

Wolfgang Schmidt empfängt in seinem Freiburger Büro zum Gespräch. Er ist ein Astrophysik-Professor, wie man sich ihn vorstellt: ruhige und bedachtsame Redeweise, seine Buchregale sind voll mit Fachliteratur. Man kann sich leicht vorstellen, dass Beobachten und Analysieren zu seinen Stärken zählt. Der 66-Jährige erforschte jahrzehntelang den Himmel - gehalten wurde er dabei von seinem Glauben.

Als einen Widerspruch hat er beide Felder nie empfunden. "Kirche sagt doch an keiner Stelle etwas gegen Naturwissenschaft", erklärt Schmidt. Wie die Milchstraße und das ganze Weltall in ihrer jetzigen Form existieren, spreche nicht dagegen, dass es einen Gott gebe. Im Gegenteil, wie großartig Sonnen, Planeten und Monde zusammenspielten, sei eher ein Beleg für einen Schöpfer. "Man kann bei ziemlich vielen Dingen analysieren, wie sie funktionieren", betont er. Nur das "Warum?" sei die große Unbekannte.

Er verweist darauf, dass gerade Astrophysiker in den vergangenen Jahrhunderten zahlreiche Irrannahmen aufstellten. "Dabei waren ihre einzelnen Beobachtungen richtig", sagt Schmidt. Sie konnten nur nicht das "große Ganze" überblicken, daher zogen sie falsche Schlüsse. "Der Stand der Technik prägt die Erkenntnis", fasst Schmidt zusammen. In einigen Jahren werde man auf zahlreiche Dinge wieder einen anderen Blick haben.

Daher spricht er sich auch dafür aus, die Bibel nicht allzu wörtlich zu nehmen. "Die Menschen konnten die Ereignisse nur anhand ihres Wissensstandes einordnen", erklärt Schmidt. Deshalb seien zahlreiche Erzählungen wissenschaftlich nicht haltbar. Die Geschichten böten trotzdem eine wichtige Orientierung für den Glauben.

Als Astrophysiker weltweit unterwegs

Die Sonnenphysik entdeckte Schmidt durch begeisternde Lehrer und Dozenten. "Mitte der 70er-Jahre war Astrophysik ein ziemlich unbedeutendes Fach, aber zu verstehen, was das Universum zusammenhält, hat mich gefesselt", berichtet er. Für das Freiburger Leibniz-Institut für Sonnenphysik (KIS) baute er Sonnenteleskope auf Teneriffa, erforschte dunkle Flecken auf der Sonne und besuchte Konferenzen auf der ganzen Welt. Seit Mai ist er in Pension, er kümmert sich aber noch um einzelne Projekte.

Den evangelischen Glauben bekam er von Zuhause mit. "Ich wurde im zarten Alter von vier Tagen getauft", erzählt er mit einem Lächeln. In den sonntäglichen Gottesdienst zu gehen war ebenso selbstverständlich wie die Jugendarbeit. Aber als er voll im Berufsleben war, hatte er nur noch wenig mit Kirche zu tun. Erst als seine drei Kinder konfirmiert wurden, erkannte er wieder, wie wichtig Kirche ist. "Zum einen als Institution, die Gaube vermittelt. Zum anderen wegen der diakonischen Arbeit", führt Schmidt aus.

Mitglied der Landessynode

Inzwischen ist er in der dritten Amtsperiode Kirchenältester von Bötzingen und seit fünf Jahren Mitglied der Landessynode der Badischen Landeskirche. Als besonders intensiv empfand er die Diskussion um die "Trauung von gleichgeschlechtlichen Paaren". "Es war ein Feld, mit dem ich mich zuvor noch nie beschäftigt hatte", erzählt Schmidt. Er machte sich kundig, führte zahlreiche Gespräche und entschied sich schließlich dafür, den Beschluss für die "Trauung gleichgeschlechtlicher Paare" mitzutragen. "Ich fand es sehr gut, wie tolerant wir miteinander umgegangen sind", blickt er zurück. Die Minderheiten-Meinung sei nicht in die Ecke gedrängt worden, stattdessen habe die Landessynode unterschiedliche Standpunkte ausgehalten.

Bei der Wahl zur nächsten Landessynode im Herbst will Schmidt wieder kandidieren. "Als Pensionär habe ich erst wirklich die Zeit für ein Ehrenamt", sagt er. Insgesamt wünscht er sich, dass die Kirche bereit ist, mehr zu investieren und nicht allzu viel zu sparen und in Rücklagen zu stecken. "Der Blick in die Zukunft, sollte nicht den Blick für das Hier und Jetzt verstellen", betont Schmidt.