Herr Professor Riesner, lässt sich über Jesus Christus 2.000 Jahre später noch etwas Neues sagen?
Rainer Riesner: Die Wissenschaft findet in der Tat immer wieder etwas Neues heraus. Das betrifft allerdings nicht das Gesamtbild von Jesus als Person. Sonst müssten Christen ja andauernd ihren Glauben an ihn verändern. Aber es gibt immer wieder neue Erkenntnisse zu Einzelheiten, die durchaus wichtig sind. Dazu ein Beispiel: Jedes Jahr wiederholen Zeitungen, Magazine und auch Sender die Behauptung, dass zur Zeit der Geburt von Jesus überhaupt keine Volkszählung stattgefunden habe. Dabei gibt es in der neutestamentlichen Wissenschaft gut begründete Erklärungen, weshalb der Bericht des Evangelisten Lukas auch hier historisch richtig ist.
Warum halten Sie als Wissenschaftler die biblischen Quellen über das Leben Jesu für verlässlich?
Riesner: Jesus selbst hat seine Lehre in prägnanten Aussprüchen zusammengefasst, die man sich leicht im Gedächtnis merken konnte. Dazu kamen die Gleichnisse mit ihren eindrücklichen Bildern und Handlungen. Gleich nach Ostern hat unter anderem Petrus dafür gesorgt, dass auch Erzählungen über Jesus in eine gut einprägsame Form gebracht wurden. Der Evangelist Markus stand in engem Kontakt mit Petrus und hat sich wahrscheinlich schon seit frühester Zeit schriftliche Notizen gemacht. Darauf konnte er dann bei der Veröffentlichung seines Evangeliums zurückgreifen. Erinnerungen von Augenzeugen, eine feste mündliche Überlieferung und frühe schriftliche Notizen garantieren die Zuverlässigkeit der Evangelien.
Sie begründen, dass Sie die Auferstehung Jesu von den Toten für ein historisches Ereignis halten. Ist das nicht eher Glaubenssache?
Riesner: Mit der Auferweckung von Jesus hat Gott besonders deutlich in die menschliche Geschichte eingegriffen. Deshalb hat dieses Ereignis auch eine Spur in dieser Geschichte hinterlassen. Da ist einmal das leere Grab von Jesus, das zu bestreiten es keine überzeugenden Gründe gibt. Und dann haben wir die Aussagen von Frauen und Männern, die Jesus als einem Lebenden begegnet sind. Weil solche Begegnungen ganze Gruppen erlebten, scheiden Visionen als Erklärung aus. Kann man diesen Frauen und Männern vertrauen, deren Aussagen in die Evangelien eingegangen sind? Das ist keine größere Glaubensfrage, als wenn man heute gute Freunde nach einem Ereignis befragt, das man selbst nicht erlebt hat.