Mehrere Dreiecke, ein Halbkreis, zwei Kugeln - wer würde dahinter einen erzgebirgischen Schwibbogen vermuten? Wolfgang Braun (59) macht es vor: Aus den geometrischen Formen schafft der sächsische Kunsthandwerker aus Deutschneudorf bei Seiffen die Edition Bauhaus - vier schlichte Objekte, darunter "Lichterbogen" und "Reiter". Auf dunklen, fast schwarzen Faserplatten arrangiert er helle Naturholzteile und Edelstahlhülsen für die Kerzen.
Es ist eine Hommage an das Bauhaus; eine aus dem Erzgebirge. Eine, die dort nicht sofort vermutet wird. Reduziert in Farbe und Form und mit steckbaren Elementen entfalten die Weihnachtsfiguren einen besonderen Charme. "Es ist die Kunst des Weglassens", sagt Braun. Sie rege die Fantasie an.
Die "Schönheit der Schlichtheit" - das sei ihm bei der Arbeit an der Serie wichtig gewesen. Das Erzgebirge bedeute für ihn Licht und Spiel. Auch er habe "nur gespielt" - mit den Formen. Für Weihnachten sollten es Figuren mit Kerzen sein. "Die Edelstahlhülsen sind ein schöner Kontrast", findet er. Das Licht spiegelt sich darin.
Das Bauhausjubiläum habe ihn bei seiner "Erzgebirgischen Spielerei" - wie er die Serie nennt - inspiriert, erzählt Braun. Beim Besuch der Meisterhäuser in Dessau spürte er eine große Wertschätzung, die das vor 100 Jahren als Kunstschule gegründete Bauhaus bis heute genieße. Das habe ihn animiert, auch für sein Handwerk etwas Neues zu schaffen.
"Mit Respekt und Demut" habe er sich dem Thema genähert und dabei die Dreiecke, Quadrate, Kreise und Kugeln hin und her gedreht und geschoben - etwa sechs Wochen lang. Erst dann sei er zufrieden gewesen, der Stil sei jetzt genau getroffen, erzählt er.
Für seine Neuheit habe er viel Kritik bekommen. Das "Verwischen der erzgebirgischen Tradition" wurde ihm vorgeworfen. Aber es gab auch genügend "euphorische Rückmeldungen", wie Braun sagt, vor allem von Architekten und Studenten. Die Bauhaus-Serie wurde schließlich mit dem Hauptreis im erzgebirgischen Gestaltungswettbewerb "Form und Tradition" ausgezeichnet.
Engel und Bergmann, die in Brauns Werkstatt traditionell hergestellt werden, sind in der modernen Edition zu einer Figur verschmolzen. Erst beim genauen Betrachten ist zu sehen, dass Vorder- und Rückseite des Kunstwerkes variieren. Den feinen Unterschied macht ein Dreieck unter der hellen Kugel, die als Kopf fungiert: Beim Engel zeigt die lange Spitze nach oben, beim Bergmann nach unten.
Die dunklen Halbkreise als Grundbaustein für den Lichterbogen, den Engel-Bergmannkörper oder den Reitersitz werden aus einem Brett gesägt und nachgeschliffen, erklärt Braun. Eine der beiden Reiterfiguren trägt zusätzlich Rot und Gelb, dafür keine Kerzen.
Braun war schon immer offen für Neues, hat Lehrlinge ausgebildet, mit jungen Designern zusammengearbeitet. Mit seiner Frau, einer Spielzeugmalerin, führt er den Handwerksbetrieb in seiner erzgebirgischen Heimat seit 1985. Etwa 80 Prozent der Teile an den Produkten entstehen in Handarbeit. Das Familienunternehmen in Deutschneudorf hat sich auf Miniaturen und Räuchermänner spezialisiert.
Braun will sich künftig aber noch einer anderen Aufgabe widmen: Vom 1. Januar an wird er das Kompetenzzentrum im benachbarten Seiffen leiten. Es soll vor allem für Nachwuchs in der Branche sorgen. Etwa 50 Prozent der erzgebirgischen Kunsthandwerker fehle es an Lehrlingen, sagt er.
Für Braun ist das neue Zentrum eine "Denkwerkstatt". "Es geht um unser Handwerk", sagt er. Es brauche neue, kreative Leute, aber auch Absatzmärkte. Seine Idee ist, Kunst und Design zu vereinen. Darin sieht er eine große Chance für seine Branche. "Design war schon immer wichtig für mich. Nur durch das kreative Gestalten können wir die Welt neu denken", findet er.
In seiner eigenen Werkstatt wird er vorerst weniger präsent sein. Die Herstellung seiner Bauhaus-Serie hat er schon mal in andere Hände gegeben. Nach seiner Vorlage produziert die Kunstobjekte seit kurzem die Seiffener Firma Emil A. Schalling - und zwar serienmäßig. Ganz Bauhaus eben.