Ehemaliges Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau in Polen im Winter
epd-bild/Ralph Sondermann / Land NRW
Auschwitz auf der Christbaumkugel
Sterne, Glocken und Christbaumkugeln mit dem Bild des Auschwitz-Tors und des Todesstreifens im Konzentrationslager - das gab es bis vor kurzem beim weltweit größten Onlineversandhandel Amazon zu erstehen.

"Auschwitz, Poland" stand auf dem Baumschmuck geschrieben - ein chinesischer Verkäufer hatte neben anderen Produkten mit Fotos bekannter Orte der Welt auch das Konzentrationslager in sein Souvenir-Sortiment aufgenommen. Das staatliche Museum Auschwitz in Polen protestierte unverzüglich bei dem US-Unternehmen, das daraufhin die Produkte des Verkäufers von der Webseite nahm. Auf Twitter nannte die Gedenkstätte diesen Kommerz "verstörend und respektlos", es gab auch Bieröffner, Mousepads und Schlüsselanhänger.

###extern|twitter|AuschwitzMuseum/status/1201069830553649153###

"Wir haben bereits die Rechtsabteilung benachrichtigt", so die Pressesprecherin des Museums, Dorota Kuczynska, die froh ist, dass sie über die sozialen Medien mittlerweile schnell über solche Entgleisungen informiert werde, sie kämen in letzter Zeit öfters vor. Im Mai bot ein australischer Verkäufer Kissen und Kleidung mit Motiven des Konzentrationslagers an. Über eine Statistik verfügt das Museum derzeit nicht.

"Auschwitz" steht wie kaum ein anderer Ort für den Holocaust, für den industriellen Mord an den europäischen Juden durch das nationalsozialistische. In dem Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz im von NS-Deutschland besetzten Polen starben etwa 1,1 Millionen Menschen. Die meisten davon waren Juden.

Weihnachten als Gegenthese zu Auschwitz

Dieses Verbrechen erscheint Manchem als Beweis für die Nichtexistenz oder Abwesenheit Gottes - und gefeiert wird an Weihnachten gerade die Gegenthese zu Auschwitz - die Geburt Jesu, die an die Menschwerdung Gottes erinnert und die Erlösung der Menschen verspricht.

Darum sind - ob gewollt oder nicht - KZ-Abbildungen am Christbaum eine Provokation. Auch der Baumschmuck ist nicht bloss dekorativ, sondern hat einen christlichen Hintergrund - so erinnern Sterne an den Stern von Bethlehem, der die Hirten zur Krippe leitet, Glocken verkünden die Frohe Botschaft und laden zum Fest ein. Anfang des 19. Jahrhunderts hingen in Deutschland noch echte Äpfel an der Tanne, eine Anleihe an den Paradiesbaum. Später wurde der Apfel von der Glaskugel nachgebildet.

Doch wer hängt sich KZ-Bilder an den Baum? Rechtsextreme? Oder vielleicht Menschen aus einem anderen Kulturkreis, die mit christlichen Bräuchen nicht vertraut sind? Weltweit bekannt hingegen ist Auschwitz. Mit über 2,1 Millionen Besuchern in der Gedenkstätte wurde im vergangen Jahr ein neuer Rekord erreicht, der medial verbreitet wurde und wohl Anlass für die fragwürdige Geschäftsidee war. Beim Onlineversandhandel "wish-shopping", der den Weihnachtsschmuck ebenso anbot, verkaufte er sich anscheinend gut "Fast weg!" stand unter dem Stern mit dem Tor von Auschwitz, bis das Museum intervenierte und der Anbieter die Ware von der Seite nehmen musste.

Zumindest bei dem US-Unternehmen Amazon dürfen solche Produkte offiziell nicht angeboten werden. "Alle Verkäufer müssen unsere Verkaufsrichtlinien beachten und jene, die dies nicht tun, werden zur Verantwortung gezogen, bis hin zur Löschung ihres Benutzerkontos". so ein Sprecher von Amazon gegenüber CNN Business zum Christbaumschmuck befragt.

Richtlinien bestehen Praxistest nicht

Auf der Webseite des US-Unternehmens stehen unter "Anstößiges und umstrittenes Material" auch "Produkte im Zusammenhang mit menschlichen Tragödien und Naturkatastrophen" auf dem Index. Doch den Praxistest bestehen die Richtlinien nicht - kaum war der Weihnachtsschmuck weg, wurde auf Amazon ein Badehandtuch angeboten, auf dem das Eingangstor mit der berüchtigten Aufschrift "Arbeit macht frei" abgebildet ist - gehalten von einer lächelnden blonden Frau im Badeanzug.

Nach derart Anstößigem durchsuchen Algorithmen die Amazon-Webseite und vermelden mögliche Funde, so der ehemalige Amazon-Mitarbeiter Chris McCabe gegenüber der "New York Times".

Über das Herausnehmen entschieden jedoch "menschliche Wesen". Die große Menge der Produkte mache es jedoch unmöglich, alles zu kontrollieren, bevor es auf der Webseite gepostet werde. Die Mitarbeiter seien vor allem am mittlerweile international verbreiteten Verkaufstag "Black Friday" stark belastet. Der "Schwarze Freitag", nach dem amerikanischen Fest "Thanksgiving" am Donnerstag, gilt in den USA auch als Auftakt für das Weihnachtsgeschäft - das im Internet seine Abgründe hat.