In Angola seien kürzlich 4.000 Kirchen geschlossen worden, in Ruanda 6.000. In Mosambik hätten Gewalttäter an einem Sonntag zehn Menschen geköpft, um die Bevölkerung aus dem Dorf zu vertreiben und das Land übernehmen zu können. In Indien komme es häufig vor, dass in den sozialen Medien ein "Mob" organisiert werde, der vor einer Kirche aufziehe, den Gottesdienst unterbreche und den Pfarrer festsetze.
Neben Gewalttaten entzögen auch "widrige Gesetze, sozialer Druck und Ausgrenzung Christen langfristig den Lebensraum", schreibt Sauer in einem Beitrag im aktuellen "Jahrbuch Mission". Ob in Ägypten, Pakistan oder Nord-Nigeria: "Der Staat ist entweder nicht in der Lage oder nicht willens, gesellschaftliche und gewaltsame Übergriffe auf Christen zu verhindern."
Angriff islamistischer Kräfte auf Christen
An vorderster Stelle stehe der Angriff islamistischer Kräfte auf Christen, zum Teil verbunden mit der Ausbreitung des Islam in überwiegend christlichen Gebieten. Umgekehrt würden Christen andere religiöse Minderheiten sehr selten angreifen - "und dann oft gegen den Willen der Kirchenführer", sagte Sauer.
Es dürfe aber kein Wettlauf entstehen, "wer am meisten verfolgt ist", warnte der Theologe und forderte ein "Aufschreien" gegen jede Einschränkung der Religionsfreiheit. Bei der wissenschaftlichen Erforschung der Christenverfolgung stütze er sich auf Daten staatlicher Organe, zum Beispiel den Bericht des US-Außenministeriums oder auf die Daten von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), wobei das Hilfswerk "Open Doors" die gründlichste vergleichende Studie verfasse. Danach werden aktuell mindestens 245 Millionen Christen stark verfolgt.
Unter den Verfolgten seien Frauen besonders gefährdet. In Pakistan etwa werden Sauer zufolge Mädchen entführt und zwangsverheiratet, "um die ganze Gemeinschaft zu schmähen". Auch Konvertiten, die den Glauben gewechselt haben, seien besonderer Verfolgung ausgesetzt.
Mit Bildungsarbeit gegen Verfolgung
Auf ganz unterschiedlichen Ebenen bestünden Möglichkeiten, gegen die Christenverfolgung vorzugehen. "Es braucht Akteure auf allen Ebenen: Spenden von Kirchengemeinden, NGOs, die anprangern, Journalisten, die aufklären, Geschäftsleute, die in ihren Betrieben die Menschen mit Würde behandeln."
Auf staatlicher Ebene könne ein Land wie Deutschland beispielsweise über die Bildungshilfe Einfluss nehmen, etwa bei der Ausbildung von Polizisten oder in der Rechtsprechung, sagte Sauer. Schulbücher verbreiteten in den betroffenen Ländern oft Klischees über das Christentum; auch das könne man ändern. Ebenso wirke ein positives Vorbild: Praktizierte Religionsfreiheit, das bestätigten viele Studien, nutze einem Land, weil sich die Wirtschaft entwickele und vielfältige Geschäftsbeziehungen entstünden. "Man kann diesen Ländern sagen: So funktioniert es bei uns." Auf diese Weise habe man beispielsweise China gezeigt, wie sich christliche Gruppen in der Behindertenhilfe engagieren.