Die Erkenntnis dieser Mitschuld an der jahrhundertelangen Verfolgung der Juden und dem beispielslosen Menschheitsverbrechen der Shoah habe inzwischen zu einem Umdenken geführt, schreibt Bedford-Strohm im aktuellen "Sonntagsblatt - Evangelische Wochenzeitung für Bayern" in seiner Kolumne mit Blick auf den Israelsonntag am 25. August.
Einer der Vorreiter für dieses Umdenken sei Dietrich Bonhoeffer gewesen, der bereits 1940 geschrieben habe: "Eine Verstoßung der Juden aus dem Abendland muss die Verstoßung Jesu Christi nach sich ziehen; denn Jesus Christus war Jude." Laut Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, ist es diese Vorgeschichte, "die uns heute an die Seite unserer jüdischen Schwestern und Brüder stellt, die mit einem Wiederaufkeimen des alten Antisemitismus konfrontiert sind".
Der wachsende Rechtsextremismus im Land sei auch deshalb so ernst zu nehmen, weil er ein Nährboden für verbale und tätliche Angriffe gegen Juden sei, wie sie in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder vorgekommen sind, schreibt der evangelische Theologe weiter. "Auch gegenüber antisemitischen Einstellungen, die manche Zuwanderer aus dem Nahen Osten mitbringen, gilt die Devise: Null Toleranz." Gleichwohl stellte er klar, dass Kritik an der israelischen Regierung "mit solchem Antisemitismus nicht zu verwechseln" sei.
Auch in Israel selbst werde etwa die aktuelle Siedlungspolitik kritisiert, weil sie eine "auf einem beidseitigen Interessensausgleich beruhende Friedenslösung" zunehmend verhindere. Diese Kritik sei allerdings nur überzeugend, "wenn die Friedenshindernisse auch auf der anderen Seite gesehen werden". Solche Hindernisse seien etwa "immer wieder laut werdende Vergleiche Israels mit Nazi-Deutschland" oder wenn das Existenzrecht Israels infrage gestellt werde. Am Israelsonntag wolle er deshalb für Frieden und Versöhnung beten, schreibt Bedford-Strohm.