Wenn Silberschmied Mathias Heck einen Abendmahlkelch schmiedet, gibt er alles. Jedes Stück aus seiner Chemnitzer Werkstatt ist ein Unikat; edel und aufwändig gestaltet. Dabei trifft er nicht selten auf Kritik. Etwa auf die Frage, warum ein Abendmahlkelch derart kostspielig sein muss? "Weil wir Christen damit dessen Inhalt ehren, also das Blut Christi als Symbol für die Auferstehung", erklärt er. Und das sei schließlich die Grundlage unseres Glaubens. Aus diesem Verständnis heraus und in tiefem Gottvertrauen geht er an seine Arbeit. Und dabei kann man ihm über die Schulter schauen: Sein Atelier ist nämlich eine Schauwerkstatt. Damit dieses inzwischen selten gewordene Handwerk ein Publikum hat, erklärt er.
Denn wenige junge Leute wollen diesen Beruf, der mit harter Arbeit verbunden ist, erlernen. "Auch ich habe keinen Nachfolger", bedauert er. Seine Werkstatt befindet sich südlich von Chemnitz im historischen Ambiente des Wasserschlosses Klaffenbach. Seit 1997 lebt und arbeitet Mathias Heck, der in Plauen aufgewachsen ist, hier in einem Seitengebäude. Das Silberschmiedehandwerk hat in seiner Familie Tradition: Schon sein Vater und Großvater wählten diese Berufung.
"Bei mir hat es sich so ergeben", erinnert er sich. Weil er, wegen seiner "politischen Einstellung" zu DDR-Zeiten kein Abitur machen durfte, sei er in der Werkstatt des Vaters in die Lehre gegangen. Dort kümmerte er sich in den ersten Jahren vor allem um Reparaturen und Restaurierungen von Gefäßen. Im Nachhinein eine wichtige Erfahrung für ihn, denn bei dieser Arbeit lerne man am besten, in die Materie der Silberschmiedekunst einzutauchen, sie kulturhistorisch und handwerklich zu verstehen. Nach und nach entwickelte er später eigene Ideen und baute erste eigene Gefäße.
Die wichtigsten Arbeitsgeräte für ihn sind Kugelhammer, Amboss, Zirkel und Blechschere. Das Silber, mit dem er arbeitet, besteht meist aus circa ein Millimeter dünnen Blechen, die er in vielen Arbeitsschritten mit einem Hammer in Form bringt. In der Fachsprache nennt sich das "Treiben". Und zwischen den Arbeitsschritten muss das Silber jeweils auf rund 1.000 Grad erhitzt werden, damit es nicht bricht. "Viele stellen sich bei einem Schmied immer gleich ein offenes Feuer vor, doch ich arbeite mit einem schlichten Gasbrenner", erzählt der Chemnitzer.
Wenn Mathias Heck heute beispielsweise einen Auftrag für ein Altargerät erhält, etwa eine Weinkanne, Hostiendose, Taufkanne, ein Kreuz oder einen Kelch, dann schaut er sich zuvor die Architektur der Kirche und die Kirchengemeinde genau an. Und er stellt Fragen. Zum Beispiel: Was fehlt in dieser Kirche? "Ich will mit meinen Arbeiten jeweils ein bestimmtes Gefühl vermitteln", erläutert er. Und auf diese Weise entwickelt er bisweilen außergewöhnliche Objekte.
Für die Versöhnungskirche in Plauen schmiedete er zum Beispiel Gefäße, die einen Händedruck symbolisieren. Für die Stadtkirche Marienberg schuf er Abendmahlkelche mit viereckigen Füßen, die an die vier Himmelsrichtungen und an den quadratischen Stadtplan von Marienberg erinnern. Die Fußplatten fertigte er aus Silbererz, weil Marienberg durch seine Silbererz-Funde berühmt ist. Weitere sakrale Gegenstände schmiedete er unter anderem für den Raum der Stille im Sächsischen Landtag in Dresden und für das Hospiz im Bethlehemstift in Hohenstein-Ernstthal.
Ein aktuelles Projekt sind neue Abendmahlkelche und Teller für die Peterskirche in Heidelberg. Der Entwurf ist bereits fertig: ein vergoldeter, schlichter Kelch, durch dessen Schaft mehrere Risse gehen. Weitere momentane Arbeiten sind Altargeräte für die St. Ansgar-Kirche in Oldenburg und für die Weinbergkirche in Dresden-Pillnitz. Neben den sakralen Arbeiten schmiedet Mathias Heck auch profane Objekte, darunter Teekannen, Schalen oder Becher.
In seiner Werkstatt scheint indessen manchmal die Zeit ein wenig still zu stehen. Eine Tastatur in Form einer alten Schreibmaschine nutzt er für seinen Computer. Auch das Telefon hat schon viele Jahre auf dem Buckel. "Mit Nostalgie hat das nichts zu tun", sagt er. Das sei vielmehr Beständigkeit und habe oft ganz pragmatische Gründe. Denn die Dinge funktionierten einfach. Außerdem sei sein Zeitverständnis bisweilen etwas anders. "Denn ich arbeite oft mit 400 Jahre alten Kelchen und erlebe gewissermaßen deren Geschichte noch einmal mit", erklärt Mathias Heck. Das berühre ihn unmittelbar.
Dass er sich für eine Werkstatt in Chemnitz entschied, sei ein bewusster Schritt gewesen. "Denn Silber und Erzgebirge passen gut zusammen", sagt er und erinnert an den Silberbergbau, durch den das Erzgebirge wirtschaftlich, wissenschaftlich und kulturell wesentlich geprägt ist. Die Bedeutung des Silbers habe sich jedoch im Laufe der Zeit gewandelt. Heute gehe es weder um bloße Repräsentation von Reichtum oder um die Eitelkeit handwerklicher Virtuosität, noch ausschließlich um Design: "Eine Silbergestaltung kann und sollte eine Philosophie, eine innere Haltung vergegenständlichen, aber auch Sinnlichkeit und Poesie vermitteln", findet Mathias Heck. Nur eine Silbergestaltung, die über sich hinausweise, sei wirklich wertvoll.