Kind steht vor einer Karte der USA.
© Cara Dolan / Stocksy United
Schulbücher zum Thema Bibel werden inzwischen von Lehrern in 22 der 50 US-Bundesstaaten zum Bibelunterricht verwendet.
Zwischen Mission und Bibelkompetenz
Streit über Bibelunterricht an staatlichen Schulen in den USA
In den USA darf sich der Staat eigentlich nicht einmischen bei Glaubensfragen. Bibelunterricht an staatlichen Schulen ist daher umstritten. Kritiker befürchten eine christliche Missionierung der Kinder.
25.06.2019
epd
Konrad Ege

US-Amerikaner wüssten zu wenig über die Bibel, klagt der Verleger Chuck Stetson. Dabei könne man die amerikanische Geschichte und viele kulturelle Werke nicht ohne Bibelkenntnis verstehen. Seine gemeinnützige Firma "Essentials in Education" ("Basiswissen") vertreibt Schulbücher zum Thema Bibel. Diese würden inzwischen von Lehrern in 22 der 50 US-Bundesstaaten verwendet. Das Konzept Bibelunterricht an Schulen mache Fortschritte, sagte Stetson dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Im US-Bundesstaat Georgia unterzeichnete Gouverneur Brian Kemp im Mai ein Gesetz, nach dem Schulen von der 9. bis zur 12. Klasse die Bibel als Wahlfach anbieten dürfen. Ähnliche Gesetze sind in rund einem halben Dutzend Staaten in Vorbereitung. Eine vom Repräsentantenhaus in Alabama bewilligte Vorlage würde Unterricht über die Bibel ab der 6. Klasse erlauben.

Streitthema Bibelunterricht

"Viele Staaten führen Unterrichtsstunden für Bibelkompetenz ein", lobte US-Präsident Donald Trump im Januar auf Twitter: "Großartig!" Auch das Programm der Republikanischen Partei spricht sich für Unterricht über die Bibel aus.

Bibelunterricht ist ein Dauerbrenner im US-Kulturkrieg. Bibellesen gehörte noch in den 50er Jahren vielerorts zum Schulalltag. 1963 wurde alles anders. Auf Beschwerde einer Familie in Pennsylvania urteilte das Oberste US-Gericht, das dort vorgeschriebene tägliche Verlesen von "wenigstens zehn Versen aus der Heiligen Bibel" sei verfassungswidrig. Es verstoße gegen das Religionsfreiheitsgebot in der US-Verfassung.

Laut diesem Grundsatzurteil darf niemand zur Teilnahme gezwungen werden, Lehrer dürfen zudem nicht missionieren. Doch die Rechtslage bleibt auslegbar. Die Richter öffneten eine Hintertür: Das Studium von Religion und der Bibel sei möglicherweise zulässig, wenn es "objektiv als Teil eines säkularen Lehrprogramms" geschehe. Befürworter des Bibelunterrichts betonen heute daher nicht die christlichen Glaubensinhalte.

Bibelunterricht wie Sonntagsschule von Kirchengemeinden?

Die im 17. Jahrhundert auf Englisch gedruckte und noch heute vielerorts verwendete "King James"-Bibelübersetzung sei eines der großartigsten Werke westlicher Literatur, erklärte auf CNN der junge republikanische Abgeordnete Anthony Sabatini, der das Bibelstudium in Florida einführen will. Sein Kollege Mike Hill sagte, die Bibel sei als Buch der Weisheit anerkannt. Und die brauche man "heute in unseren staatlichen Schulen".

Zugleich bringen Freunde des Bibelunterrichts vor, das Entfernen der Heiligen Schrift aus staatlichen Schulen habe zu einem moralischem Niedergang geführt. 1950 hätten viele Menschen in den USA eine "biblische Weltanschauung" gehabt, sagt der Verleger Stetson. Das sei heute nicht mehr so, auch weil die Bibel nicht mehr in der Schule gelehrt werde.

Der Verband "Vereinigte Amerikaner für die Trennung von Kirche und Staat" macht auf seiner Webseite geltend, in der Praxis scheine es so, dass an den Schulen Verkündigungsarbeit geleistet werde. In Kentucky, wo Unterrichtsstunden zur Bibel seit 2017 legal sind, sähen Bibelstunden oft aus wie die Sonntagsschule von Kirchengemeinden. Die "Stiftung für Freiheit von Religion" verurteilte das in Alabama angestrebte Gesetz als "dünn verschleierten Versuch", Kinder zum Christentum zu konvertieren.

Nach Angaben der Amerikanischen Bibelgesellschaft besitzen 84 Prozent der US-Haushalte mindestens eine Bibel. 16 Prozent lesen nach eigenen Angaben täglich darin, 14 Prozent mehrmals in der Woche, heißt es im Jahresbericht "State of the Bibel 2019". Neun Prozent lesen den Angaben zufolge einmal in der Woche in der Heiligen Schrift, sieben Prozent einmal im Monat, 31 Prozent nie, der Rest ein paar Mal im Jahr.

Rund ein Fünftel der US-Amerikaner sei der Ansicht, die Bibel sei wortwörtlich Gottes Wort. 30 Prozent erklärten, die Bibel sei "von Gott inspiriert". Man müsse jedoch nicht den ganzen Text wörtlich nehmen. Mit der Bibelkenntnis hapert es allerdings bei manchen Amerikanern. Nur 68 Prozent hätten die Stadt Bethlehem als den in der Bibel genannten Geburtsort von Jesus Christus identifizieren können. Bei der Erhebung wurden 2.013 Menschen telefonisch und online befragt.