Die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, betonte in der Bielefelder Matthäuskirche, dass sie sich einen Kirchentag wünsche, "auf dem die Menschen erfahren können, dass die Güte Gottes nicht rationiert ist und niemand zu kurz kommt, weil sich andere dazusetzen". Die leitende westfälische Theologin hofft auf einen Kirchentag, "der auch und gerade da, wo er kritisch ist, nicht nörgelt, nicht besser weiß und nicht den moralischen Zeigefinger erhebt, sondern von der Fülle Gottes herkommt und mit dieser Fülle der Wirklichkeit zuprostet". Kirchentagsbesucher sollten dazu befreit werden, den eigenen Lebensdurst und den Durst der anderen miteinander ins Gleichgewicht zu bringen, sagte Kurschus.
"Mit Vertrauen fängt alles an"
Kirchentagspräsident Hans Leyendecker sagte in der Dortmunder Reinoldikirche, er habe den Eindruck, die Menschen seien das Glatte leid und bereit für "Schwarzbrot" beziehungsweise für die Herausforderungen des Lebens. Die Kirchentagslosung aus dem 2. Buch Könige verweise auf einen "sperrigen Text" der Bibel. Für ihn mache die Kriegsgeschichte um einen Regenten, dessen Stadt von der Zerstörung eines übermächtigen Heers verschont bleibt, deutlich, dass Gottvertrauen letztlich ein "tiefes Beziehungsgeschehen" zwischen Mensch und Gott sei. Ein Vertrauen, das in ungewissen Zeiten Zuversicht bedeute und nicht lähmende Resignation gewinnen lasse. "Gottvertrauen ist für mich der Puls des christlichen Lebens", sagte der Journalist.
Auch Kirchentagsgeneralsekretärin Julia Helmke unterstrich in der Dortmunder Petrikirche, Gottvertrauen sei für sie die Grammatik des christlichen Lebens. "Mit Vertrauen fängt alles an", sagte die Pfarrerin. Vertrauen sei etwas individuelles und zugleich Grundlage und Kitt einer Gemeinschaft. Der Kirchentag bedeute eine verdichtete und besondere Zeit, in der durch Diskussion und Feiern Vertrauen wachsen könne.
Der theologische Vizepräsident der westfälischen Kirche, Ulf Schlüter, betonte in der evangelischen St. Marienkirche in Dortmund seine Skepsis gegenüber Gottvertrauen in Kriegsgeschichten. Es sei ein Segen, dass die "Gott mit uns"-Zeiten in diesem Land und in dieser Kirche beendet seien, sagte er in seiner Predigt. Dabei verwies Schlüter auf das preußische Militär, das den Spruch einst im Kampf gegen Napoleon als Slogan eingesetzt hatte. Die Kirche habe in ihrer Geschichte "furchtbare Irrwege" beschritten. Es sei ein Segen, dass heute kein deutscher Militärseelsorger mehr auf den Gedanken käme, Krieg als gottgewollt zu glorifizieren. Gott habe keinen Vertrag mit einer Nation, betonte Schlüter. Gott sei kein Siegergott, sondern geleite Menschen durch die Dunkelheit.