Livestreamings von Beerdigungen
© epd-bild/Bestattungsinstitut Cornwall
Scott Watters, Chef des Bestattungsinstituts Cornwall Funeral Services im Südwesten Englands, bietet für die Daheimgebliebenen Liveübertragungen von Beerdigungen an.
Trauer virtuell - per Livestream zur Beerdigung
Die Familie ist über die Welt verstreut, ein Trauernder ist zu krank, um an einer Beerdigung teilzunehmen: In Großbritannien bieten viele Bestattungsunternehmer für solche Fälle Live-Übertragungen von Trauerfeiern für Freunde und Verwandte an.

Scott Watters ist Chef des Bestattungsinstituts "Cornwall Funeral Services" im äußersten Südwesten Englands. Die Region, bekannt aus vielen Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen, ist malerisch schön, aber auch nicht immer ganz einfach zu erreichen. Seit ein paar Jahren bietet Watters deshalb für die, die nicht anreisen können, Live-Übertragungen von Beerdigungen an - wenn die Hinterbliebenen das wünschen. "Es geht nicht nur darum, zu sehen, was passiert, sondern sich als Teil des Ganzen zu fühlen", sagt er.

Deshalb fange er nicht erst mit der Übertragung an, wenn die Feierlichkeiten beginnen, sondern schon bei der Ankunft der Gäste. "Wir wollen die Beerdigung so inklusiv wir möglich gestalten. Deshalb wollen wir den Menschen das Gefühl geben, von Anfang an dabei zu sein." Außerdem sei es für die Angehörigen wichtig zu wissen, dass mit der Verbindung alles in Ordnung sei, bevor die eigentliche Beerdigung beginne. "Das ist für sie am Anfang beruhigend."

Hunderte britische Bestatter und Krematorien bieten solche Live-Übertragungen von Bestattungen. "Die Menschen, die diesen Service nutzen, leben entweder im Ausland oder viele Hunderte Meilen entfernt vom Ort der Beerdigung", sagt Watters. "Wir hatten jemanden in Australien, also genau am anderen Ende der Welt, der so der Beerdigung beigewohnt hat." Um die Beisetzung im heimischen Wohnzimmer zu verfolgen, bekommen die Trauernden einen Link mit Passwort zur Übertragung.

Aufgezeichnet wurden die Trauerfeiern, die Scott Watters organisiert, aber bislang noch nie. "Das könnte man sicherlich machen, wenn das erwünscht ist, aber bislang wurde das nie nachgefragt." Die Menschen verfolgen die Beerdigung live am Bildschirm, wollten sie aber nicht noch einmal sehen - anders als bei Hochzeiten. Es gehe den Angehörigen bislang immer nur darum, dabei zu sein.

Natürlich müssten einige Grundvoraussetzungen erfüllt sein, eine gute und stabile Internetverbindung zum Beispiel. Gerade in ländlichen Gegenden sei das aber nicht immer gegeben: "Wir haben auch schon das ein oder andere Kabel verlegt, als das sein musste."

Doch nicht alle Trauernden sehen eine Live-Übertragung als einen gleichwertigen Ersatz für den Besuch einer Beerdigung. In einer Studie der britischen Versicherungsgesellschaft Royal London aus dem Jahr 2017 gaben fast die Hälfte der Befragten an, eher auf die Beerdigung ganz zu verzichten als diese im Internet live zu verfolgen. Aber deutlich wurde auch: Je jünger die Befragten, desto offener waren sie für die Art von Trauerfeier.

"Es wird nicht sehr oft nachgefragt", sagt auch Watters. "Es ist auch nicht wichtig, wie oft wir das machen, aber wenn wir es machen, ist es für die Menschen, die sich das anschauen, immens wichtig." Diese schauten sich nach seinem Wissen die Beerdigung so gut wie nie alleine an, sondern hätten meist jemanden an ihrer Seite, der mit ihnen gemeinsam manchmal sogar eine kleine eigene Beerdigungsfeier zelebriere.

Die Gäste der Bestattung wüssten natürlich, dass gefilmt werde. Oft mache auch der Pfarrer noch einmal darauf aufmerksam. "Wir hatten mal einen Priester, der die Zuschauer online direkt in die Kamera angesprochen und sie so eingebunden hat", erinnert sich Watters. Das sei großartig gewesen und habe den Menschen sicherlich das Gefühl gegeben, nicht nur Zaungäste zu sein, sondern wirklich ein Teil der Trauerfeier.

Auch könnten sich die Zuschauer direkt an der Beerdigung beteiligen, Worte für das Grab schicken, wenn das gewünscht sei, sagt Scott Watters. Es sei sogar möglich, jemanden live ein paar Worte an die Trauergemeinde richten zu lassen.

Allerdings könne keine Technik den persönlichen Kontakt ersetzen, sagte Bestatter Paul Allcock dem britischen "Telegraph". Einige freundliche Worte an die Hinterbliebenen, Gespräche unter den Trauergästen nach der Trauerfeier seien nicht vergleichbar mit einer virtuellen Teilnahme, erklärte der ehemalige Präsident einer Vereinigung von fast 900 britischen Bestattungsunternehmen.

Watters glaubt nicht, dass die Nachfrage nach Live-Streamings von Beerdigungen rasant steigen wird. Aber es steige das Bewusstsein dafür, dass so etwas möglich ist: "Es hat eigentlich schon immer einen Bedarf dafür gegeben. Es gab schon immer Menschen, die nicht zu einer Beerdigung reisen konnten, warum auch immer, aber jetzt gibt es wenigstens ein Angebot für diese Trauernden."