Pro: Ein Abschied ohne Stress und Unsicherheit
von Hanno Terbuyken, Portalleiter von evangelisch.de
Eine Beerdigung zu planen ist nicht einfach. Der Gottesdienst und die Beerdigung, die Gäste, das Trauermahl, alles muss organsiert werden. Die Hinterbliebenen müssen mit dem Bestatter verhandeln, den Sarg aussuchen, die Musik wählen, die Blumen bestellen, die Grabpflege organisieren, und dann kommt noch die Verwaltung des Nachlasses dazu.
Nun stellen Sie sich vor, sie konnten sich nicht entscheiden. Die Schwester des Hinterbliebenen will lieber Händel als Bach, der Bruder fordert ein Trauerherz statt Sargdecke, zwei verschiedene beste Freunde wollen die Grabrede halten, und zu allem Überfluss wissen Sie auch noch, dass der Verstorbene den Organisten, der sonst immer in der Kirche orgelt, überhaupt nicht mochte.
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"Das hätte ihm aber gar nicht gefallen", dieser Satz kann die Zeit der Trauer und des Abschieds ruinieren. Der Trauergottesdienst ist für die Angehörigen da, aber genau deshalb sollte er so sein, dass ich als Hinterbliebener mir sagen kann: Ja, das passt, das hätte der Verstorbene auch schön gefunden, denn dieser Gedanke beruhigt. Die Trauer wird dann nicht von der Sorge um die "Richtigkeit" der Trauerfeier eingerahmt.
Wenn man geliebte Personen zu Grabe trägt, kennt man sie in der Regel sehr gut, gut genug, um in ruhigen Zeiten sich auch eine schöne, passende Beerdigung für sie auszudenken. Aber in dem emotionalen Trubel der Zeit nach dem Tod eines geliebten Menschen ist das nicht mehr so einfach. Wenn die Gewissensbisse an einem selbst nagen, ob man das nun richtig gemacht hat, weil alles in wenigen Tagen komplett organisiert werden musste - das ließe sich verhindern.
Denn gerade wenn der Tod nicht plötzlich und unerwartet kommt, sondern absehbar am Ende eines Lebens steht, kann man vorher darüber reden. Das macht es den Angehörigen leichter, die Zeit nach dem Tod ihres Nächsten zu bewältigen. Es nimmt ihnen Stress und Unsicherheit.
Die Beschäftigung mit der eigenen Beerdigung ist außerdem eine Form von Abschied, eine gemeinsame Vorbereitung auf die Zeit, wenn sich das Leben durch den Tod so radikal verändert. Für mich ist der Gedanke tröstlich, zu wissen: Hier kommt etwas auf uns zu, das wir als Familie, als Freunde, als Partner gemeinsam bewältigen können.
Am Ende steht dann eine Trauerfeier, die unvergesslich ist, weil sie eben nicht nur die Hinterbliebenen wiederspiegelt. Wer seine eigene Beerdigung plant, am besten gemeinsam mit den Angehörigen, legt auch ein bisschen von sich selbst in diese Feier. Das ist schön, denn es bringt den Verstorbenen auf unnachahmliche Weise nahe. "Hätte es ihm gefallen?" Darüber muss man dann nicht spekulieren. Sondern man weiß: Es hätte ihm gefallen. Was bleibt, ist eine unvergessliche Erinnerung - an einen Abschied ohne Stress und ohne Unsicherheit.
Contra: Die Beerdigung ist zuerst für die Trauernden
von Claudius Grigat, freier Mitarbeiter bei evangelisch.de
"Was tun im Todesfall?" … Hm, vielleicht einfach tot sein? Oder welche Aufgaben warten dann noch in dieser Welt? Scheinbar eine Menge, denn "Was tun im Todesfall?" - so heißt "Ein praktischer Ratgeber" in Buchform, der mittlerweile vergriffen ist. Also scheint der Bedarf wohl groß zu sein.
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Aber im Ernst: Es gibt sie ja, die Menschen, die schon im Leben nichts aus der Hand gegeben haben, alles bis ins kleinste Detail durchgeplant und jedes Risiko abgesichert haben. Die legen dann auch gerne fest, wer was an der Trauerfeier sagen soll, welche Lieder gesungen werden und welchen Kuchen es beim Beerdigungskaffee gibt - kurz: wie die Anderen zu trauern haben. Was aber, wenn diese Anderen vielleicht ein ganz anderes Lied mit dem Verstorbenen verbinden und keinen Streuselkuchen mögen?
Manchmal gehen die Vorgaben auch noch weiter: 'Auf meiner Beerdigung soll gelacht werden, ich will, dass das eine große Party wird!' Und wenn einigen Gästen gar nicht zum Lachen zumute ist…?
Und manchmal werden die Hinterbiebenen auch einfach ausgeschlossen, wenn zum Beispiel eine anonyme Urnenbestattung verfügt wird.
Was bei alledem aber oft nicht genug bedacht wird: Trauerrituale, Andacht und Beerdigung, soziale Formen des Umgangs mit Verlust – all das ist doch in erster Linie für die Weiterlebenden da und wichtig. Der Verstorbene bekommt davon nichts mehr mit. Was bitte nützt es der Asche des Seemanns, dass sie vor Kap Hoorn verstreut wird, wenn seine Witwe keinen Ort zum Trauern und Erinnern hat? Im Tod kann es doch kaum noch um Selbstverwirklichung gehen!
Dazu kommt: Das Organisieren der Beerdigung eines geliebten Menschen, so belastend es auch sein mag, kann auch etwas Positives haben: Man hat in dieser schwierigen Zeit eine Aufgabe, an der man sich festhalten kann, die man mit anderen zusammen bewältigen kann. Etwas, das man noch für den Verstorbenen, vor allem aber auch für sich und die anderen Trauernden tun kann. Was, wenn der Pfarrer sagen würde: "Ein Beerdigungsgespräch? Das können wir uns sparen, die Traueransprache liegt seit Monaten in der Schublade - alles schon abgeklärt..."
Mit gutem Grund richten die kirchlichen Agenden für Bestattungen den Fokus mehr auf die Trauergemeinde als auf den Verstorbenen. Den Hinterbliebenen gilt es, Trost zu spenden und Hoffnung zu schenken.
"Was also tun im Todesfall?" Selbstverständlich ist es gut, vorher mit den nahestehenden Menschen über die letzten Dinge zu sprechen, sich zu verständigen. Für mich wünsche ich mir aber einfach auch das Gottvertrauen, das Jesus in Mt. 6,34 bereits für das Leben fordert: "Quält euch also nicht mit Gedanken an morgen; der morgige Tag wird für sich selber sorgen."