Frau Pauliina Parhiala, der Lutherische Weltbund ist Träger des Auguste-Viktoria-Hospitals. Welches Standing hat das Krankenhaus bei den Menschen hier in der Region?
Pauliina Parhiala: Es wird ganz klar als palästinensisches Krankenhaus wahrgenommen. Von den 400 MitarbeiterInnen sind bis auf vier oder fünf Ausnahmen alle Palästinenser. Ich bin erst seit kurzem hier und sehr beeindruckt davon, wie sehr sich die Menschen mit ihrer Arbeit und diesem Ort identifizieren. Auch die Anwohner Ostjerusalems betrachten das AVH als "ihr" Krankenhaus. Bei den muslimischen Patienten kommen anfangs manchmal Fragen auf oder sie haben Zweifel – angesichts einer lutherischen Einrichtung. Aber auch diese Patienten fühlen sich dann doch immer sehr gut bei uns betreut, ist mein Eindruck.
Wie ist die Zusammenarbeit mit der Palästinensischen Autonomiebehörde?
Parhiala: Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) ist unser größter Kunde: Sie überweist regelmäßig Patienten an uns – vor allem an Krebs erkrankte Menschen. Sobald ein Patient die Behandlung beginnt, sollte die PA die Kosten decken. Ohne finanzielle Hilfen der USA und der EU sowie internationale kirchliche Unterstützung würde die Behörde die insgesamt enormen Summen nicht bewältigen können. Doch trotz der Spenden aus dem Ausland bleibt der Geldfluss ein Problem: Die palästinensische Regierung schuldet dem Auguste-Viktoria-Hospital viel Geld. Wir haben bereits hohe Summen für Medikamente vorfinanziert. Im Mai 2017 musste das AVH schwer kranke PatientInnen ablehnen, weil kein Geld für Therapien da war. Die Hälfte des jährlichen Gesamtbudgets von knapp 50 Millionen Euro ging 2017 in Medikamente.
Was ist mit Menschen im Westjordanland und Gaza, die nicht ins AVH nach Ost-Jerusalem kommen können?
Parhiala: Wir schicken mobile Mini-Kliniken ins Westjordanland, gerade auch in abgelegene Regionen. Es gibt Teams, die über Diabetes aufklären und Präventionsstrategien vermitteln. Und die ausschließlich weiblich besetzten Mammographie-Teams. Sie bieten Frauen vor Ort Untersuchungen an und klären über eigene Möglichkeiten der Vorsorge auf. Denn früh erkannt, kann gerade Brustkrebs gut behandelt werden. Leider kommen 30 Prozent der betroffenen Patientinnen erst ins AVH, wenn der Krebs bereits in sehr fortgeschrittenem Stadium ist. Dagegen können wir etwas tun!