Mit meinem Fahrrad kurve ich ein paar Mal von allen Seiten um die Bank herum. Doch, man sieht sie gut, wenn man will. Unter einer Linde steht sie und ich setze mich, automatisch schön gerade. Kirchenbank, Sie verstehen.
Aufmerksam beobachte ich, wer denn bei meinem "Blind Date" so als GesprächspartnerIn infrage kommen könnte, ein schönes Spiel. Viele Studentinnen laufen vorbei, einige Jogger, Hunde führen ihre Besitzer spazieren. Ein junger Mann nähert sich, lässig gekleidet, unauffällig der Haarschnitt, der zurzeit übliche Krüsselbart verdeckt sein Gesicht. Theologiestudent? Spannend. Nö. Er geht vorbei. Schade eigentlich.
Eilig nähert sich eine große, schlanke Frau in knallrotem Kleid. Sie kommt auf mich zu und sagt: "Ich fürchte, ich muss sie hier vertreiben…". Meine leicht erstaunte Frage: "Warum glauben Sie das denn…?" wird beantwortet mit: "Nun, wir haben hier ein Projekt, das ist die Kirchenbank…" "Ja", sage ich und füge freundlich hinzu: "genau deswegen bin ich hier." Oh. Das hatte sie scheinbar nicht erwartet. Erleichtert sinkt sie neben mich auf die Bank.
Später werde ich ihr eine etwas andere Art der Eröffnung vorschlagen, wenn jemand wartet: "Das ist ja schön, dass sie hier sitzen. Dann komme ich mal dazu ..." Oder so ähnlich. In jedem Fall sind die Rollen von Anfang an schnell verteilt. Ich frage und höre zu, Susanne erzählt, gerne und viel. Sie kennt sich gut aus, ist lange tätig in der Seelsorge.
Die Kirchenbank würde hier auf im Erba-Parkt, einem ehemaligen Gelände der Landesgartenschau, schlecht angenommen, berichtet sie. Einmal habe sie sich spontan zu einer kleinen Gruppe von Studenten gesetzt, von sich aus. Einige Zeit später kam dann ein junger Mann aus dieser Gruppe zu ihr auf die Kirchenbank. Da habe sich ein intensives Gespräch entwickelt. Eine Ausnahme, leider. Mich wundert das nicht. Die Bank steht nahe an einem Unigebäude auf der Erba-Insel, Studierende scheinen mehr von einem Termin zum nächsten zu hetzen als dass sie gemütlich schlendern. Auf dem sehr beliebten Spielplatz 100 Meter weiter sind zwar viele junge Eltern oder Großeltern mit lebhaften Kindern, die haben allerdings andere Bedürfnisse als eine ruhige Unterhaltung über Gott und die Welt.
Raus aus der Einsamkeit
"Ist Gott eigentlich ein Mann, was glauben Sie?", frage ich Susanne. Sie lächelt fein: "Nein, aber auch keine Frau." Und wie sie denn zurechtkomme mit der doch sehr männlich dominierten Führung in der katholischen Kirche, frage ich noch. Die studierte Theologin sieht doch einige Fortschritte in den letzten Jahrzehnten. Frauen hätten sich ihren Platz erobert, wenngleich es auch aus ihrer Sicht noch viel Luft zur Decke gäbe. Dennoch wirkt sie gelassen: "Wichtig ist, dass man sich mit Gleichgesinnten zusammen tut." Klingt für mich nach: Das eine ist die offizielle Amtskirche, das andere die Kirche von unten. Nischen gibt es viele.
Ähnlich äußert sich auch mein zweiter Gesprächspartner. Dieses Mal mache ich es umgekehrt, ich komme etwas später zur Kirchenbank. Und tatsächlich: Da wartet jemand, er lächelt mich an, als ich auf ihn zukomme: "Wie schön dass sie mich hier aus meiner Einsamkeit befreien!" Mein Herz geht auf. Ludwig, der über 80-jährige katholische Pfarrer hat gestern ein Kind getauft. Un-Ruhestand. "Wir haben ja keine Leute mehr." Er halte regelmäßig Gottesdienste, ist aber unbedingt zufrieden und glücklich damit. Er liebe seine Arbeit (und dass er die Verwaltung los sei, erkenne er als großes Glück!).
Locker, lustig, ernst - Begegnungen auf der Bank
Durch jedes Wort, jeden Blick und jedes Lächeln strömt seine positive Energie in die Welt. Man müsse hin zu den Menschen, Pfarrer gehörten dahin, wo Menschen feiern, sich freuen, wo es leicht ist, mit ihnen in Kontakt zu kommen. Deswegen mag Ludwig die Kirchenbank. In der "Maddinskirch" und im Bamberger Hain haben sich allerdings viel mehr Gespräche ergeben, locker, lustig, ernst, Verbundenheit schaffend. Dort sind mehr ältere Spaziergänger, auch mal Touristen oder walkende Frauen, die sich über eine kleine Pause freuen. Tiefergehende seelsorgerische Gespräche habe er dennoch lieber in einem geschlossenen Raum, bei einer guten Tasse Tee und Kerzenlicht geführt.
Mein Fazit: Ich geh da wieder hin, da treffe ich spannende Leute. Christinnen und Christen gehören in die Öffentlichkeit und die Bamberger Kirchenbank ist eine großartige Sache jenseits des herkömmlichen Blablas. Es ergeben sich freundliche Begegnungen ohne Ergebnisorientierung oder Missionsdrang. Namen und Titel sind hier unwichtig. Da sein. Offen und bereit für das, was ist. Danke an alle, die sich dafür Zeit nehmen.