Die Berliner Obdachlosenzeitung "strassenfeger" soll eingestellt werden. Die Mitglieder des Trägervereins hätten am Montagabend aus wirtschaftlichen Gründen mehrheitlich für das vorläufige Ende der Zeitung gestimmt, berichtet die "Berliner Zeitung" (Dienstag). Der Trägerverein des "strassenfegers" wollte am Dienstag eine Erklärung veröffentlichen, die allerdings bis zum Nachmittag nicht vorlag.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, bezeichnete es als "ein sehr trauriges Signal, wenn der 'strassenfeger' eingestampft würde". Die Zeitung sei wichtig für den Stolz vieler Obdachloser, aber auch für den Respekt ihnen gegenüber, sagte der SPD-Politiker dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er hoffe auf eine Zukunft für den "strassenfeger", "wie und in welcher Form auch immer". Die Sprecherin der Senatssozialverwaltung, Regina Kneiding, sagte auf Anfrage, auf die Entscheidung des Trägervereins habe die Politik keinen Einfluss gehabt: "Wir bedauern es sehr."
Auch die Berliner Diakonie-Direktorin Barbara Eschen bedauerte die Einstellung des "strassenfegers" und sprach von einem wichtigen Straßenmagazin, "das auch einmal kritische Töne anschlug". Der Leiter der Bahnhofsmission am Zoo, Dieter Puhl, sagte auf Anfrage, das Blatt sei ein wichtiges politisches Sprachrohr der Betroffenen gegenüber Behörden und Trägern von Einrichtungen gewesen.
Die Zeitung wird den Angaben zufolge seit mehr als 24 Jahren von Obdachlosen und armen Menschen verkauft. Jedes Heft kostet 1,50 Euro, davon sind 90 Cent für den Verkäufer. Die seit Jahren offenbar stark schwankende Auflage liegt nach eigenen Angaben aktuell bei rund 12.000 Exemplaren. Für den Verkauf sorgten bislang zwischen 250 und 500 Verkäufer. Mit dem "strassenfeger" soll auch der Obdachlosentreff "Kaffeebankrott" schließen, hieß es in der "Berliner Zeitung" weiter. Eine Notunterkunft des Vereins soll dagegen weiter ausgebaut werden.
In Berlin gibt es außerdem das Obdachlosenmagazin "motz" mit nach eigenen Angaben einer Auflage von rund 20.000 Exemplaren und einem Verkaufspreis von 1,20 Euro sowie zeitweise das Kunst-und-Kultur-Magazin "streem". Die Verkäufer des "strassenfegers" gehörten seit mehr als zwei Jahrzehnten zum Straßenbild Berlins. Vor Supermärkten, in der S-Bahn und an belebten Plätzen wurde die alle drei Wochen erscheinende Zeitung angeboten. Die letzte Ausgabe erschien am 25. Mai und ist noch im Verkauf.
Getragen wurde die Straßenzeitung vom strassenfeger e.V., der ursprünglich einmal mob e.V. hieß. Der Verein sieht sich als Sprachrohr von Armen, Obdachlosen und ausgegrenzten Menschen. Die Idee hinter dem "strassenfeger" ist, dass arme Menschen nicht nur auf Almosen und Spenden angewiesen sein sollen, sondern selbstbestimmt arbeiten können.