Das Christentum kennt viele Bekenntnisse. Das apostolische Glaubensbekenntnis, das im Gottesdienst gesprochen wird, ist vermutlich das Bekannteste. Zudem gibt es den kleinen und großen Katechismus Martin Luthers in den lutherischen Kirchen oder den Heidelberger Katechismus, der in den reformierten Kirchen Geltung findet. Neuere Schriften mit bekenntnisähnlichem Charakter sind die Barmer Theologische Erklärung (1934) sowie die Leuenberger Konkordie (1973).
Es kann dabei Unterschiede geben, wie ein Bekenntnis definiert wird. Sie alle sind Texte, mit denen Christen zum Ausdruck bringen, was beziehungsweise woran sie glauben. Dabei nehmen einzelne Schriften in den Landeskirchen einen unterschiedlichen Stellenwert ein. Sie alle eint, dass sich ihre Verfasser mit den theologischen Fragen ihrer Zeit auseinandergesetzt haben, wodurch diese Glaubenstexte entstanden sind.
Philipp Melanchthon verfasste das Augsburger Bekenntnis im Jahr 1530 auf Grundlage der Schwabacher Artikel von Martin Luther. Auf dem Reichstag zu Augsburg am 25.06.1530 übergaben es die lutherischen Reichsstände an Kaiser Karl V. Es war von historischer Bedeutung, weil es für die reformatorische Bewegung die kirchenrechtliche Grundlage schuf, auf der sich Teile der späteren evangelischen Landeskirchen erst bilden konnten. Das Augsburger Bekenntnis ist darum eine der Glaubensgrundlagen für die evangelisch-lutherischen Kirchen. Ebenso ist es für den protestantischen Glauben von Bedeutung: Seine Verfasser haben in 28 Artikeln eine Glaubenslehre festgehalten, die verbindlich gelten soll. Viele dieser Inhalte sind für den evangelischen Glauben noch heute maßgeblich.
Das Augsburger Bekenntnis trennt und verbindet zugleich. Es trennt, weil es sich von einigen Glaubenslehren abgrenzt, darunter auch Glaubenslehren der katholischen Kirche. So sollen Priester nun heiraten dürfen, das Abendmahl wird mit Brot und Wein gefeiert, also der Laienkelch im protestantischen Gottesdienst eingeführt. Außerdem wird die Vollmacht der Bischöfe ausschließlich auf den kirchlichen Bereich begrenzt. Eine weltliche Machtausübung, etwa das Erlassen von Gesetzen, war damit ausgeschlossen. Das Bekenntnis verbindet andererseits, weil für Protestanten erst durch diese Abgrenzung eine neue, verbindliche Glaubensgrundlage entstand. Für Teile der evangelischen Kirchen ist diese Grundlage zugleich Grundpfeiler von Lehre und Verkündigung.
Im Augsburger Bekenntnis ist auch verankert, dass die Rechtfertigung eines Christen allein durch Gott geschieht, nicht etwa durch gute Werke oder den Erwerb von Ablassbriefen. Die Erlösung der Welt durch Jesus Christus und die Gnade Gottes werden damit in den Mittelpunkt der protestantischen Verkündigung gerückt. Die Kirche selbst wird als "durchmischter Körper" definiert, in deren Gemeinschaft sich sowohl gute wie auch schlechte Menschen finden können. Das gilt auch für Priester, die die Sakramente spenden. Das Augsburger Bekenntnis hält nun fest, dass die Wirksamkeit der Sakramente allein an Jesus Christus hängt und nicht am Glauben des Priesters.
Als Sakramente kennt das Augsburger Bekenntnis die Taufe und das Abendmahl. Die Kindertaufe wird verankert, damit Kinder schon nach der Geburt in die Gemeinschaft der Christen aufgenommen werden können. Auch mit Blick auf die Beichte gibt es Veränderungen: Sie bleibt zwar erhalten, doch wird ausdrücklich betont, dass man nicht versuchen soll, sämtliche Sünden aufzuzählen, da dies ohnehin nicht möglich sei. Neu ist auch, dass die Beichte vor Gott die und Vergebung der Sünden durch Gott geschehen und nicht mehr durch den Priester.
Zur Zeit der Reformation gab es Streit unter den Protestanten. Ein Beispiel dafür ist das Abendmahlsverständnis: Martin Luther und Philipp Melanchthon lehnten die Position ab, dass die Priester Brot und Wein in wahren Leib und wahres Blut Christi wandeln. Das Augsburger Bekenntnis hält zwar an der Wandlung und damit auch an der Realpräsenz fest, nur geschieht diese nicht Kraft des Priesters. Das heißt, Christus ist wahrhaftig in Gestalt von Brot und Wein gegenwärtig. Auf reformierter Seite betrachteten Huldrych Zwingli und Johannes Calvin die Sakramente hingegen als rein äußeres Zeichen. Das heißt Christus ist im Abendmahl nicht real gegenwärtig, sondern symbolisch. Eine gemeinsame Feier des Abendmahls war damit nicht möglich.
Das Augsburger Bekenntnis gilt bis heute
Erst eine weitere Schrift, die Leuenberger Konkordie aus dem Jahr 1973, beschreibt eine grundsätzliche gemeinsame Auffassung der evangelischen Kirchen von Taufe, Abendmahl und Predigt. Daraus folgt, dass auch reformierte Christen in lutherischen Gemeinden am Abendmahl teilnehmen können. Auch ist der so genannte "Kanzeltausch" seither möglich – das heißt lutherische Pfarrer dürfen auch in reformierten Gemeinden predigen und umgekehrt. Zwar bleiben die unterschiedlichen Auffassungen im Abendmahlsverständnis bestehen, werden aber nicht mehr als ausschlaggebend erklärt. Die gemeinsame Feier von Gottesdienst und Abendmahl steht im Vordergrund.
Zu Recht könnte man fragen, welche Bedeutung das Augsburger Bekenntnis heute noch hat, wenn Unterschiede teils wieder aufgehoben werden. Zunächst hat es seine Gültigkeit nicht verloren. Seine Inhalte sind maßgeblich für den evangelischen Glauben und prägen uns bis heute. Zugleich ist es ein geschichtliches Dokument, das in eine bestimmte historische Situation hinein geschrieben wurde. Philipp Melanchthon und die Unterzeichner greifen die Probleme ihrer Zeit auf und setzen sich damit auseinander. Glaubensgrundsätze werden hinterfragt, neu analysiert und auf ihre Richtigkeit hin überprüft. Als Ergebnis dieser Auseinandersetzung ist ein verbindlicher Bekenntnistext entstanden. Und da, wo Kirche sich fortwährend reformiert, da können auch neue Glaubenstexte entstehen. So wie die Reformatoren vor 500 Jahren Glaubenssätze hinterfragt haben, so ist es auch heute die Aufgabe von Kirche und Christen, Glaubenssätze kritisch zu überprüfen und zu diskutieren.
Dieser Artikel wurde am 3. Juli 2018 inhaltlich überarbeitet und aktualisiert.