Regenbogenschirme
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Willkommenskultur für Homosexuelle statt Hass gegen sie.
Wie halten wir es mit Lesben und Schwulen?
Protestantische Kirchen in (Süd)-Korea suchen eine Willkommenskultur für Homosexuelle
Südkorea ist ein konservatives Land, in dem sich Gesellschaft und Religionsgemeinschaften im Umgang mit Lesben und Schwulen schwer tun. Insbesondere ultrakonservative protestantische Kirchen sind die Speerspitze bei der Ausgrenzung von und der Verbreitung von Hass gegenüber Homosexuellen. Es gibt aber auch die fortschrittliche Kirchenfraktion im Dachverband "National Council of Churches" (NCCK).

Das NCCK-Zentrum für Menschenrechte hatte Mitte Mai Vertreter von Mitgliedskirchen und Partnerkirchenverbänden aus dem Ausland zu einer "Ökumenische Konsultation über Gender und Sexualität" nach Seoul geladen. An der unter fast konspirativen Umständen organisierten Veranstaltung hatte für die EKD hatte Carsten Körber, Pastor der deutschsprachigen evangelischen Gemeinden in Bangkok, teilgenommen. Herausgekommen ist der zweiseitiger "Action Plan"  mit dem Titel "Choosing Life: Creating Communities of Welcome", der für kontroverse Diskussionen unter den Mitgliedskirchen des NCCK sorgen wird.

"Die Ökumenische Konsultation war nicht öffentlich. Hätten die konservativen Kirchen vorab von der Veranstaltung erfahren, hätten sie die Veranstaltung gestürmt", sagt Borah Lim. Die Pastorin der Sumdol Presbyterian Kirche in Seoul weiß nur zu gut, wovon sie spricht. Wegen ihres Einsatzes für die Integration von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen (LGBT) in die Kirchen, in die Gemeinden und in die Theologie wird Lim von den Ultras unter den protestantischen Kirchen gehasst, diskriminiert, verfolgt. "Acht Kirchen haben gegen mich ein Verfahren wegen Häresie eingeleitet", sagt sie und lacht darüber. Denn egal wie ein solches Verfahren ausgeht, eine Auswirkung auf ihren Status als Pastorin, ihren Job, hat das nicht. "Meine Kirche, meine Gemeinde und meine Familie stehen voll hinter mir."

Lim arbeitet seit drei Jahren mit Gleichgesinnten an der Übersetzung des in Großbritannien erschienen "Queer Bible Commentary", in denen Bibelforscher und Pastoren die Aussagen der Bibel über (Homo)Sexualität und Geschlechterrollen interpretieren, statt sie, wie es die konservativen Kirchen tun, wörtlich zu nehmen. "Wir haben vor, die Übersetzung bis Ende des Jahres zu veröffentlichen." Die meisten protestantischen Kirchen in Korea seien sehr konservativ und lehnten Bibelinterpretation jeglicher Art ab. "Es gibt sehr viele Bibelinterpretationen, aber sie wollen nicht, dass ihre Mitglieder davon erfahren", sagt Lim.

31 Prozent der Südkoreaner sehen sich als religionslos. Weitere 31 Prozent sind Christen, wobei die protestantischen Konfessionen in der Mehrheit sind. Nur noch, knapp 24 Prozent der Koreaner sind Buddhisten und sieben Prozent Angehörige koreanischer Schamanenreligionen.

Der Aussage "Homosexualität ist eine Sünde" stimmen 53 Prozent der koreanischen Protestanten als "wahr" beziehungsweise "sehr wahr" zu. Für 45 Prozent ist Homosexualität eine Krankheit. Würde sich ein Freund oder Kollege als homosexuell outen, würden 67 Prozent sofort ihre Beziehung zu diesem Menschen abbrechen. 51 Prozent sind davon überzeugt, dass die Bibel fehlerfrei und damit absolut wahr ist.

Diese Zahlen stammen aus dem im Tagungsprogramm der Konsultation veröffentlichten Beitrag "Recognition of Same-Sex Orientations und Present Conditions of Sexuality in the Korean Protestant Church" von Reverend Song Jin-Sun. Für den Autor ist vor allem der Bibelwert fast schon Anlass zur Freude. "Das ist um einiges moderater im Vergleich zu den 1980er Jahren, in denen 90 Prozent solche fundamentalistischen Überzeugungen hatten."

Das zeigt die zunehmende Tendenz der koreanischen Gesellschaft zu einer liberaleren Haltung gegenüber Homosexuellen. Es gibt sehr aktive LGTB Bürgerrechtsorganisationen, so mancher Promi aus der extrem populären K-Pop-Szene hat sich in jüngerer Vergangenheit als homosexuell geoutet. "Die Situation in Korea hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert", so Candy Darim Yun vom "Korea Sexual-minority Culture and Rights Center" in Seoul. "Die Pride (CSD) Parade begann 2000 in Seoul mit ein paar Dutzend Teilnehmern. In diesem Jahr erwarten wir in Seoul mehr als 80 000 Teilnehmer und in mindestens sechs weiteren Städten gibt es Pride-Paraden."

Konservative gegen Antidiskriminierungsgestz

Das aber provoziert die konservativen Kirchen im Verein mit konservativen Politikern zu einer noch härteren Gangart gegen Homosexuelle. Diese Koalition verhindert seit vielen Jahren die Einführung eines Antidiskriminierunggesetzes, das von Frauen bis Behinderte alle möglichen gesellschaftlichen Gruppen vor Diskriminierungen schützen soll. Die Gegner dieses Gesetzes aber betreiben ihren Kampf vor allem mit Hetze gegen Homosexuelle. "In ihren Kirchen und Wahlkreisen verbreiten sie die Behauptung, diese Menschenrechtsverordnung gilt ausschließlich für Schwule und Lesben", so Minji Kim, Programmkoordinatorin des Menschenrechtszentrums des NCCK. "Es sind genau die Rechte dieser Minderheiten, die unter dieser Kombination von dummen Kirchen und korrupter Politik leiden."

Um dem entgegenzuwirken hatte das NCCK-Menschenrechtszentrum zu der Konsultation auch Kirchenvertreter von den Philippinen, aus Japan, den USA, Kanada, England und Taiwan eingeladen. Taiwan ist schwulen- und lesbenpolitisch das fortschrittlichste Land Asiens. Im Mai 2017 wies das oberste Gericht Taiwans den Gesetzgeber an, binnen zwei Jahre die gleichgeschlechtliche Ehe zu legalisieren.  "Bei dem Treffen ging es nicht nur um den Erfahrungsaustausch, sondern auch um die Schaffung einer Front der Solidarität, um gemeinsam in die Zukunft zu gehen", sagt Kim.

Dieser Wunsch nach Solidarität unter den Kirchen war "ein starkes Thema" in den Debatten der Konsultation, erzählt Pastor Carsten Körber. Ein wichtiger Aspekt, so Körber, sei aber auch sein Hinweis als Vertreter der EKD auf den Faktor "Zeit" gewesen. Er habe dargelegt, dass für die EKD Inklusion wichtig sei und "wir die Diversität der Lebensformen in der Gesellschaft und der Kirche leben". "Aber dafür haben wir in Deutschland und im Westen auch 40 und mehr Jahre gebraucht und dieser Prozess ist selbst in der Kirche noch nicht endgültig abgeschlossen."

Der zweiseitige, von der Konferenz in Seoul verabschiedete Aktionsplan "Choosing Life: Creating Communities of Welcome" hat es in sich. In den kommenden drei Jahren sollen ein "Rahmenprogramm" und "Richtlinien" für die Arbeit mit Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen geschaffen werden. Die Gemeinden, heißt es in dem Aktionsplan weiter, sollten sich "dem Geschenk der Transformation" durch die Schaffung von "sicheren Räumen" öffnen, um LGTB-Communities ohne Vorurteile zu begegnen und "alle Restriktionen und Diskriminierungen in der Kirchestruktur zu eliminieren".

Die erste Herausforderung bei dem mit Bibelzitaten unterlegten Aktionsplan wird aber die Verbreitung desselben sein. "Wenn die Ko-Gastgeber der Konsultation als auch die Teilnehmer öffentlich bekannt werden, laufen sie Gefahr, von ihren Kirchen exkommuniziert zu werden", sagt NCCK-Expertin Minji Kim. In dieser Situation diskutieren wir jetzt, wie das Dokument offiziell verbreitet werden kann und wie wir mit den Versammlungen der Kirchen bei der Erarbeitung der Richtlinien zusammenarbeiten können."

Für Reverend Borah Lim ist der Aktionsplan trotz aller Widrigkeiten ein Meilenstein. "Ich habe viele Schwule und Lesben kennengelernt, die sich das Leben genommen haben, weil sie von Freunden, von der Familie, von der Kirche wegen ihrer sexuellen Orientierung verstoßen wurden", sagt Lim. "Ich will, das sowas nie wieder passiert. Deshalb müssen sich die Kirchen reformieren. Es sind so viele falsche Informationen über Homosexualität im Umlauf. Wir müssen die Christen aufklären."