BasisBibel
Foto: Deutsche Bibelgesellschaft
Nicht nur auf dem Papier, sondern auch auf Smartphones und Tablets sollen moderne Menschen die biblischen Texte direkt beim ersten Lesen verstehen.
Jeden Tag ein kleines Stückchen Pfingstwunder
Bibelübersetzer versuchen, die Urtexte für Leute von heute verständlich zu machen
Damit die Bibel verständlich bleibt, muss sie immer wieder in zeitgemäßes Deutsch übertragen werden. Die BasisBibel will multimedial geprägten Menschen von heute das Buch der Bücher vermitteln.
20.05.2018
epd
Judith Kubitscheck

Pfingsten - das ist das christliche Fest, an dem es der Bibel zufolge ein Wunder gab: Die Jünger Jesu, erfüllt vom Heiligen Geist, predigen vor Menschen aus vielen verschiedenen Ländern. Und alle verstehen sie auch ohne Dolmetscher in ihrer eigenen Sprache.

Heute, rund 2.000 Jahre später, tragen Menschen wie Matthias Jendrek dazu bei, dass die biblische Botschaft auch ohne ein solches Wunder verstanden werden kann. Der 35-jährige katholische Theologe arbeitet in der Deutschen Bibelgesellschaft in Stuttgart und ist einer von 13 Mitgliedern im Übersetzungsteam der BasisBibel.

"Die BasisBibel ist verständlich, lesefreundlich und crossmedial", erklärt er. "Nicht nur auf dem Papier, sondern auch auf Smartphones und Tablets sollen moderne Menschen die biblischen Texte direkt beim ersten Lesen verstehen."

Übersetzung in drei Schritten

BasisBibel App
Damit Jendrek das Alte Testament in zeitgemäßes Deutsch übersetzen kann, benötigt er nicht viel: Einen Computer, eine hebräische Bibel, Wörterbuch, Grammatik und den Duden. Zurzeit sitzt er am 29. Kapitel des Prophetenbuches Hesekiel.  "Ba schana ha-asirit ba asiri bischenim asar la hodesch", liest er das Hebräische vor. "Es war im zehnten Jahr der Verbannung unseres Volkes, am zwölften Tag des zehnten Monats."

Jeden Vers übersetzt er in drei Schritten: Als erstes nimmt er die hebräische Bibel, die sogenannte "Biblica Hebraica Stuttgartensia", zur Hand und versucht sich an einer ersten Arbeitsübersetzung. Wenn Begriffe unklar sind, schlägt er sie in biblischen Kommentaren nach.

Außerdem schaut er sich nicht nur den hebräischen Text an, sondern auch die Anmerkungen darunter: Dort sind verschiedene andere Varianten der Verse aufgelistet, die in Manuskripten gefunden wurden.

In den vergangenen Jahrzehnten seien mehrere neue Handschriften wie zum Beispiel die Schriftrollen von Qumran am Toten Meer gefunden wurden, deren Ergebnisse das Übersetzerteam auch berücksichtige.

Danach gleicht er zur Kontrolle seine Übersetzung mit renommierten Texten wie der Lutherbibel und der ökumenischen Einheitsübersetzung ab. Und schließlich geht es an den sprachlichen Feinschliff. Dafür gibt es bei der Basisbibel strenge Regeln: Schachtelsätze, die es im Hebräischen zuhauf gibt, sind tabu, ebenso wie Fremdwörter.

Ein Satz darf aus höchstens 16 Wörtern und einem Nebensatz bestehen. Kurze Zeilen statt Blocksatz sollen helfen, den Text auch auf kleinen Monitoren mit einem Blick zu erfassen.

Danach überprüfen die Mitarbeiter der "germanistischen Redaktion", ob der deutsche Text tatsächlich verständlich ist. Wenn nicht, fügen sie ihre Anmerkungen oder Vorschläge per Kommentarfunktion in die Übersetzungssoftware "Paratext" ein, und Jendrek geht nochmals über den Text.

Abweichen vom "Aaronitischen Segen"?

Als Dozent des Alten Testamentes an der Universität Paderborn hat sich Jendrek intensiv mit dem Hebräischen beschäftigt. Und weil er zudem ein Volontariat beim "Katholischen Sonntagsblatt" absolviert hat, ist er im Team nicht nur als Übersetzer, sondern auch als Redakteur gefragt.  "Ich liebe es, mit der Sprache zu jonglieren", sagt er.

Das Neue Testament und die Psalmen der BasisBibel sind bereits auf dem Markt, seit 2011 wird das Alte Testament ins Deutsche übersetzt. Die Gesamtausgabe soll in etwa zwei Jahren fertig sein.

Einen eigenen Workshop widmete das Übersetzerteam dem "Aaronitischen Segen" (4. Mose 6, 24 -26), der bis heute Bestandteil fast jeden Gottesdienstes ist. Er beginnt mit "Der Herr segne dich und behüte dich." Die Frage für die Übersetzer war: "Wie sehr können wir von dem Text abweichen, den so viele Menschen im Ohr haben?"

"Der Herr lasse sein Angesicht leuchten und sei dir gnädig", heißt es dort nun, statt "Er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig." Das Team entschied, das Wort "Angesicht" im Text zu lassen, auch wenn das eigentlich nicht der Stil der BasisBibel ist. "Es erhielt aber einen erklärenden Hyperlink, der am Smartphone oder Computer mit einem Klick aufgerufen werden kann", erklärt Jendrek.

Damit die Übersetzungen zwar nah an den Urtexten bleiben, aber trotzdem zeitgemäß sind, diskutiert das Team zudem regelmäßig seine Texte mit 190 Testlesern auf Facebook.

Immer wieder hat Jendrek Aha-Erlebnisse, wenn ihm beim Übersetzen passende Wörter einfallen, oder er den Satz dann so gebaut hat, dass er Rhythmus hat und gut klingt. Kleine Pfingstwunder im Alltag sozusagen.

Doch manchmal gibt es auch ermüdende, listenartigen Aufzählungen von Namen oder Handelswaren zu übersetzen. Dann greift er in das Glas mit den Haribo-Fröschen auf seinem Schreibtisch. "Wenn die Verzweiflung zu groß ist, brauche ich Zucker", sagt er und lacht.

Jendrek ist überzeugt, dass die alten Texte auch noch heute relevant sind. "Doch dafür ist es wichtig, dass sie verständlich bleiben, indem sie immer wieder neu übersetzt werden."

Seine Lieblingsgeschichte ist, wie Moses das Meer teilt, damit die Israeliten vor den Ägyptern fliehen können. Dieses Bild, wie Gott Israel führt, sei heute noch aktuell: "Auch wir können heute in einer völlig anderen Zeit Gott vertrauen."