Die Kirche könne bis heute viel von King lernen, sagte der Erfurter Sozialethiker und Theologieprofessor Michael Haspel laut Redemanuskript in einem Festvortrag in der Berliner Sophienkirche. Er habe seine theologische Perspektive immer mit einer grundlegenden Gesellschaftsanalyse verbunden. "Das politische Handeln Kings hatte eine theologische Grundlegung, eine von ihm erarbeitete Theologie, die persönliche Konversion mit gesellschaftlicher Transformation verband, in der die Kirche eine wichtige Rolle spielte", sagte Haspel.
King habe immer wieder um den richtigen Weg gerungen. Er habe das Ziel gekannt und sei bereit gewesen, auch einen steinigen Weg zu gehen. "Aber er musste immer wieder neu in komplexen Situationen Orientierung gewinnen", erklärte der Theologe. Das könne man nicht einfach übertragen. "Wir müssen heute vielmehr fragen: Was würden wir dazu sagen? Wie können wir verantwortlich urteilen und handeln?", sagte Haspel. "Von Altenburg bis Augsburg, von Bautzen bis Berlin, von Cottbus bis Köln. Das können wir von King lernen, aber das kann er uns auch nicht abnehmen."
Weitere Gäste der Gedenkveranstaltung waren unter anderen die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bosse-Huber, und der Historiker und Präsident der Evangelischen Akademie zu Berlin, Paul Nolte. Den Abschluss bildete ein Abendgebet unter anderen mit Pfarrerin Rosalind Gnatt von der United Church of Christ und Reverend Robert Moore von der Evangelical Lutheran Church in America.
King kämpfte zeitlebens gegen die Rassentrennung und Diskriminierung der Schwarzen in den USA. Weltberühmt wurde seine Rede in Washington 1963 mit der wiederkehrenden Zeile "I have a dream". Bei einem Besuch in Ost-Berlin im September 1964 hielt der US-Bürgerrechtler einen Vortrag in der Marienkirche am Alexanderplatz. Weil nicht alle Zuhörer Platz fanden, wiederholte King spontan den Vortrag noch einmal in der nahe gelegenen Sophienkirche.