Das Verbot würde die Religionsfreiheit verletzen und signalisieren, dass Juden und Muslime in dem Land unwillkommen seien, hieß es in einer am Donnerstag in Brüssel und Sankt Gallen veröffentlichten Erklärung der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), der sich Vertreter des Judentums und des Islams anschlossen.
In der jüdischen, islamischen und in gewissen christlichen Traditionen, beispielsweise in der Eritreischen und Äthiopischen Orthodoxen Kirche, sei die Beschneidung von Jungen "ein grundlegendes Merkmal der Religionspraxis", urteilen KEK und CCEE. Die männliche Beschneidung dürfe dabei "nicht mit der grausamen Praktik der weiblichen Genitalverstümmelung verwechselt werden", welche den Körper, die Rechte und Würde der Frauen verletze.
Haftstrafen von bis zu sechs Jahren
"Die jüdischen, christlichen und muslimischen Organisationen sind sich einig, dass ein Verbot der Beschneidung in Island zur Folge hätte, zwei Weltreligionen, Judaismus und Islam, sowie deren Mitgliedschaft zu ächten", heißt es in der von KEK und CCEE erarbeiteten Erklärung, in der sich auch der Ständige Vertreter der Konferenz Europäischer Rabbiner bei den Institutionen Europas, Albert Guigui, sowie der Hauptimam und Direktor der schottischen Ahlul Bayt Gesellschaft, Sayed Ali Abass Razawi, äußerten.
Der in Island debattierte Gesetzentwurf sieht nach Medienberichten bei Jungen unter 15 Jahren ein Verbot "der vollständigen oder teilweisen Entfernung von Sexualorganen" vor. Wer Beschneidungen aus nicht medizinisch gebotenen Gründen vornimmt, riskiert demnach Haftstrafen von bis zu sechs Jahren.
Die KEK ist ein ökumenischer Zusammenschluss von über 100 protestantischen, orthodoxen, anglikanischen und altkatholischen Kirchen aus den EU-Staaten und anderen europäischen Ländern, darunter die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). Dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) im schweizerischen St. Gallen gehören 33 römisch-katholische Bischofskonferenzen Europas an. Anfang Februar hatte bereits die Kommission der katholischen Bischofskonferenzen der Europäischen Union (COMECE) das isländische Gesetzesprojekt kritisiert.