Wohnkomplex der Hilfswerk-Siedlung Berlin in Berlin-Wilmersdorf
Foto: epd-bild/Juergen Blume
Wohnkomplex der Hilfswerk-Siedlung Berlin in Berlin-Wilmersdorf
Ein Zuhause von der Kirche
Evangelische Unternehmen bieten günstige Wohnungen
In Deutschland fehlt bezahlbarer Wohnraum. Deswegen mischt auch die Kirche im Immobilienmarkt mit. Hier werden auch Menschen mit geringen Einkommen fündig.
18.03.2018
epd
Carina Dobra

Geräumige, helle Zwei-Zimmer Wohnung mitten in Frankfurt am Main. Warmmiete: 980 Euro. Für viele Mieter wird Wohnen in Großstädten wie Frankfurt am Main, München und Berlin zum Luxus. Zwar wollen Union und SPD laut Koalitionsvertrag zwei Milliarden Euro allein für den sozialen Wohnungsbau bereitstellen, Wohnungssuchenden hilft das aktuell aber nicht.

Auch die Kirche ist im Immobiliengeschäft aktiv. Sie will Wohnungen schaffen für Menschen, die sich kein Penthouse-Loft leisten können. Der Evangelische Immobilienverband Deutschland zählt bundesweit rund 30.000 Wohnungen im Eigenbestand. 35 Mitglieder, darunter Landeskirchen, Kirchenkreise und Stiftungen, haben sich dem 1952 gegründeten Verband angeschlossen. "Wir sehen das als Auftrag", sagt der geschäftsführende Vorstand Dennis Beyer.

45 Quadratmeter für 371 Euro kalt

Die Wohnungssuche bei evangelischen Wohnungsunternehmen funktioniert wie bei anderen Immobilienanbietern auch. Der Unterschied sind die Mietpreise. Im "SonnenTurm" in Nürnberg, einer Immobilie des Evangelischen Siedlungswerks Bayern, gibt es eine neuwertige, 45 Quadratmeter große Wohnung für 371 Euro kalt. Hauptgesellschafter des Unternehmens ist die bayerische evangelische Landeskirche.

Der "SonnenTurm" in Fürth bei Nürnberg, in dem das Evangelische Siedlungswerk Bayern (ESW) günstige Mietwohnungen anbietet.
Die kirchlichen Unternehmen in den verschiedenen Regionen hätten unterschiedliche Aufträge, erklärt Beyer. Die Antoniter Siedlungsgesellschaft im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region hat sich das Wohnen für Demenzkranke auf die Fahnen geschrieben. Bei der Hilfswerk-Siedlung in Berlin liegt der Schwerpunkt auf kleinen Appartements für alleinerziehende Mütter und Krankenschwestern.

Was an den Unternehmen ist evangelisch? Es sei die Gemeinschaft, die in den Wohnhäusern und Siedlungen entsteht. Die Demenzkranken in Köln lebten bewusst mit jüngeren Menschen unter einem Dach. "So kommen alle Generationen in Kontakt", sagt Beyer.

Im Evangelischen Siedlungswerk Bayern gibt es zum Beispiel ein Mutter-Kind-Haus. Dort können junge Mütter unterkommen und professionelle Unterstützung bei der Erziehung erhalten. In Stadtteilbüros können sich Anwohner über Neuigkeiten im Viertel informieren. Auch auf Gartenfesten und Flohmärkten kommen die Bewohner regelmäßig zusammen. Der wirtschaftliche Erfolg steht nicht im Vordergrund, sagt Hannes Erhardt, Geschäftsführer des Siedlungswerks. Der Gewinn fließe in neuen Wohnraum oder soziale Projekte.

Der Bedarf ist da, die Grundstücke nicht

Das Konzept kommt gut an. Zu gut. Das Siedlungswerk Bayern stellt wegen der vielen Nachfragen 90 bis 95 Prozent der Wohnungen nicht mehr online. Bei dem Unternehmen kostet eine Wohnung in München im Durchschnitt 8,65 Euro pro Quadratmeter. Sonst zahle man dort für den Quadratmeter bis zu 20 Euro, erklärt Elaine Eckert vom Siedlungswerk. 7.700 Wohnungen in ganz Bayern vermiete das Unternehmen derzeit, 1.100 neue Wohnungen seien in Planung.

Zielgruppen sind Studenten, alte Menschen, aber auch junge Familien, die für eine schicke Wohnung in der Münchner Innenstadt zu wenig Geld haben. Der Bedarf ist da, die Grundstücke nicht. "Neu bauen können wir so gut wie vergessen", sagt Beyer vom Evangelischen Immobilienverband. Das sei viel zu teuer, zumindest in der Stadt. Am Standrand sehe es etwas besser aus, dort sei es aber gerade für junge und berufstätige Menschen weniger attraktiv.

Auch die katholische Kirche reagiert auf die Wohnungsnot. Die Caritas Biberach hat im Dezember vergangenen Jahres ein Modellprojekt gestartet, bei dem die Organisation gemeinsam mit Dekanaten und Kommunen dem Vermieter eine "Mietgarantie" gibt. Wenn der Mieter seine Miete nicht zahlen kann, kommt das Geld aus dem gemeinsamen "Risiko-Fonds", erklärt Leiter Peter Grundler. Ungefähr 50.000 Euro hätten die Projektteilnehmer gesammelt.

Damit sollen psychisch kranke Menschen, kinderreiche Familien oder Flüchtlinge unterkommen, die auf dem Mietmarkt nahezu chancenlos sind. "Im Moment stecken wir noch viel Energie in Überzeugungsarbeit", sagt Grundler. Bisher hätten sich nur zwölf Vermieter zurückgemeldet.