Tablet-Computer mit einer Spielbibel-App.
Foto: epd-bild/Daniel Peter
Tablet-Computer mit einer Spielbibel-App. An der Würzburger Uni wird gerade erforscht, wie sich der Religionsunterricht sinnvoll digitalisieren lässt.
Smartphone-Apps statt Stuhlkreis?
Während es in naturwissenschaftlichen Fächern längst Standard ist, manchmal auch mit Tablet & Co. zu arbeiten, denkt beim Religionsunterricht erst einmal kaum jemand an digitale Medien. Evangelische Theologen der Uni Würzburg wollen das ändern.
30.01.2018
epd
Daniel Staffen-Quandt

Die Kerze in der Mitte des Raumes brennt, die Deckenlampen sind aus, es liegt noch der schweflige Geruch des Streichholzes in der Luft. Rings um die Kerze liegen geraffte farbige Tücher auf dem Boden, drumherum sitzen Schulkinder im Stuhlkreis: So stellen sich viele den prototypischen Religionsunterricht vor. "Da spricht auch gar nicht dagegen", sagt auch Jens Palkowitsch-Kühl von der Uni Würzburg. Zumindest, wenn es nicht allein dabei bleibt: "Wenn man lebensweltorientiert arbeitet, gehören digitale Medien mit ins Klassenzimmer." Er leitet ein Forschungsprojekt am Institut für Evangelische Theologie und Religionspädagogik, das sich dem Thema "Digitalisierung des Religionsunterrichts" widmet.

Das Projekt fragt zum einen nach der Methodik: Wie können digitale Medien sinnvoll im Religionsunterricht eingesetzt werden? Zum anderen wollen die Wissenschaftler wissen, wie die Lehrkräfte geschult werden müssen, um digitale Inhalte und technische Geräte im Unterricht einsetzen zu können. Und es geht darum, wie Religion und Kirche digitale Medien nutzen.

Digitalisierung des Religionsunterrichts

Im ersten Schritt erstellen Palkowitsch-Kühl und seine Kollegen aus Würzburg und von den Universitäten Siegen und Gießen erst einmal selbst digitale Inhalte - konkret: ein interaktives E-Book für eine Unterrichtssequenz, also etwa acht bis zehn Stunden Unterricht. Das ist deshalb nötig, weil es auf dem Buchmarkt bisher so gut wie keine digitalen Bücher oder andere Angebote für den Religionsunterricht gibt. Die Entwicklung steckt noch in den Kinderschuhen.

Wenn die Materialien erstellt sind, werden sie an Schulen getestet. Im Idealfall sind sie interaktiv und können nach Baukasten-System vom Lehrer eingesetzt werden. "Man pickt sich das heraus, was man für gut und sinnvoll hält und was zu den eigenen Schülern passt", erklärt Doktorand Palkowitsch-Kühl. Das heißt konkret: Aktuell kopiert sich die Lehrkraft eben das ein oder andere Arbeitsblatt, zukünftig stellt sie den Schülern verschiedene Lernmodule digital zur Verfügung. Erstellt werden die Test-Inhalte von multireligiösen Teams, also nicht nur von Wissenschaftlern mit evangelischem Hintergrund, sondern auch von Katholiken, Muslimen und Juden.

Das Projekt wird auch von der bayerischen Landeskirche unterstützt. Der für Schulen zuständige Oberkirchenrat Detlev Bierbaum hatte erst Ende November vor der Landessynode seine Digitalstrategie erläutert. Er will, dass das interaktive Lernen mit Tablets, Whiteboards, digitalen Büchern & Co. im Reli-Unterricht Einzug hält und dieser sich an die digitale Wirklichkeit der Schüler annähert. Daher unterstützt er ein Projekt des Claudius-Verlags im Evangelischen Presseverband für Bayern, der digitale Schulbücher entwickelt. Verlagsleiter Martin Scherer sagt: "Das wird keine PDF-Sammlung, sondern soll der digitalen Lebenswelt der Schüler entsprechen." Es soll Links, Videos und interaktive Lernelemente enthalten, kündigte er an.

Projektleiter Palkowitsch-Kühl sagt, es sei seinen Erkenntnissen zufolge keine Frage des Alters, ob ein Lehrer einen Zugang zu digitalen Medien und Lerninhalten hat oder nicht: "Die Generation der angeblichen Digital Natives, die derzeit auf Lehramt studiert, tut sich manchmal besonders schwer damit, digitale Medien sinnvoll und nicht nur zum Zeitvertreib zu nutzen." Technisch seien sie dazu in der Lage - aber auf die Idee, selbst zum Beispiel eine virtuelle Kirchenführung mit ihren Schülern zu erstellen, kämen nur die wenigsten. "Den kreativen Umgang mit solchen Medien als Lehr- und Lernmaterial muss man lernen, das muss in Zukunft Teil der Lehrerausbildung werden", sagt Palkowitsch-Kühl.

"Erschließt sich die Kirche die digitalen Räume nicht, verpasst sie einen entscheidenden Lebensraum junger Menschen", hatte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, im Herbst vergangenen Jahres auf der EKD-Synode gewarnt. Digitalisierung ist auch ein Thema am Institut für Religionspädagogik RPI virtuell, das 2002 auf Beschluss der EKD-Synode ins Leben gerufen wurde und das am Comenius-Institut Evangelische Arbeitsstätte für Erziehungswissenschaft in Münster angesiedelt ist. Es bietet etwa eine digitale Mediathek mit Unterrichtsmaterialien für und von Religionspädagogen an.